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Feuchtes Fest Tangerhütte ist Neptuns Hochburg

Am Sonnabend stieg der Gott der Meere aus den Fluten des Tangerhütter Freibades. Zum Neptunfest.

Von Rudi-Michael Wienecke 22.07.2019, 01:01

Tangerhütte l Helmut Lindner, ein Urgestein der Tangerhütter Rettungsschwimmer, strahlte am Sonnabendnachmittag am Beckenrand im Freibad über das ganze Gesicht. Noch vor wenigen Jahren war es sein Wunsch, dass die DRK-Wasserwacht sich wieder vor Ort etabliert. Nun erfüllte sich sein Traum und das junge Team um Ausbilder Steffen Dongowski versteht sich nicht nur auf die Wasserrettung, sondern auch auf das Organisieren von Festen. „Sie sind eben mit Leib und Seele dabei“, zog Lindner den Hut vor seinen „Erben“.

Auch das Wetter spielte mit. Bei etwas weniger als 30 Grad Celsius zog es zahlreiche Tangerhütter auf das Areal am Horstweg. Sicher hätten es noch mehr Besucher sein können. Dongowski war trotzdem zufrieden, „schließlich sind viele Leute im Urlaub“.

Er und sein Team präsentierten den Gästen am Beckenrand einen Querschnitt durch das Trainingsprogramm – Streckenschwimmen, Tauchen, Bergen oder Erste Hilfe. Schließlich stieg der Wittenberger Roy Nique mit voller Ausrüstung in das Wasser. Gemeinsam mit Hartmut Ziehm, Ausbilder für Schwimmer, Rettungsschwimmer und Schnorcheltaucher, demonstrierte er das Zusammenspiel von Rettern an Land und zu Wasser, wenn es im Ernstfall um Menschenleben geht. Die Präsens von Nique, einem ehemaligen Tangerhütter, nutzten die Mitglieder der Wasserwacht außerdem gleich für ein gemeinsames spontanes Training von Taucher und Schwimmern. Deshalb mussten Neptun, alias Hartmut Ziehm, und sein Gefolge auch etwas warten, ehe man, den Fluten des Freibades entstiegen, mit der Taufe einiger Landratten beginnen konnte.

Nach dem Rettungsschwimmerlehrgang in den Tagen zuvor (Volksstimme berichtete) erhielt die nun wiederbelebte Tangerhütter Wasserwacht außerdem Verstärkung. Alle neun zur Prüfung zugelassenen Kandidaten bestanden auch ihre Prüfung. Mit Lara Wienecke und Benjamin Weiß (beide Silber) konnten aus diesen Reihen zwei neue Mitglieder gewonnen werden. So wuchs die Zahl der aktiven und einsatzfähigen Rettungsschwimmer von fünf auf sieben und „mit Nachwuchs sind wir neun“, freute sich Steffen Dongowski. Hartmut Ziehm wiederum widmete sich im gleichen Zeitraum der Arbeit mit den Jüngsten. Unter seinen Fittichen erreichten sechs Kinder das Seepferdchen.

Während die derzeit aktiven Mitglieder der Tangerhütter Wasserwacht also optimistisch in die Zukunft blicken, schwelgt die Vorgängergeneration um Helmut Lindner in den Erinnerungen. Sie kann von der Hochzeit des Wassersports in der jüngsten Stadt der Altmark erzählen, die vor 84 Jahren mit der Eröffnung des Freibades begann. Zu diesem Fest am 11. August 1935 schien auch die Sonne, und die die Tangerhütter kamen in Strömen. Star des Tages war Olga Eckstein, damalige Europameisterin im Turmspringen. Sie beherrschte den dreifachen Auerbachsalto.

Die Tangerhütter Schwimmer hatten in der Region einen guten Ruf. Auf der Ladefläche eines Lkw ging es zu den Wettkämpfen. Die Wasserballer spielten in der höchsten Bezirksklasse, es gab eine Gruppe Turmspringer und Synchronschwimmerinnen. Die hiesigen Schwimmfeste waren legendär, die gesamte Stadt war auf den Beinen.

Für viele der damaligen Kinder und Jugendlichen wurde das Freibad zur zweiten Heimat, so auch für Karl-Heinz Vinzelberg, mit dessen Namen der Wassersport in Tangerhütte eng verbunden ist. Mehrere Generationen lernten bei ihm den Kopf über Wasser zu halten. Auch seine Karriere begann im Freibad, später wurde die Badehose für ihn zur Arbeitskleidung. Er war Schwimmmeister, Schulschwimmlehrer, Heil- und Sonderschulschwimmlehrer. Unter seiner Regie entstand in Tangerhütte das Trainigszentrum, ein Lehrschwimmbecken im alten Schlachthof in der Breitscheidstraße, nur 15-mal fünf Meter groß. Aus ihm stiegen Cornelia Schubert, Mandy Heinemann, Grit Döhmann und Beate Wetzstein. Alle vier schwammen DDR-Rekorde. Als 1983 in Tangerhütte das Hallenbad eröffnet wurde, zog Vinzelberg mit seiner Truppe dort ein.