1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Vom Helfen ohne Heldentum

Feuerwehr Vom Helfen ohne Heldentum

Seit ihrer frühen Jugend sind Saskia Schubert und Angelina Krüger bei der Stendaler Feuerwehr. Was treibt sie an, welche Ziele haben sie?

Von Nora Knappe 17.03.2019, 01:00

Stendal l Wenn man sich mit Saskia Schubert und Angelina Krüger unterhält, beeilt man sich am besten. Denn jederzeit könnte ihr Pieper losgehen und sie würden alles stehen und liegen lassen und zum Einsatz eilen. Die beiden 20-jährigen Stendalerinnen sind aktive Feuerwehrfrauen und wurden bei der Jahreshauptversammlung der Stendaler Feuerwehr im Januar für besondere Leistungen ausgezeichnet.

Von offizieller Seite der Wehrleitung wird als Ehrungsgrund das „besondere Engagement im Einsatzdienst“ genannt. Saskia Schubert war bis dahin bei 91 Einsätzen dabei und Angelina Krüger bei 64. Doch es ist nicht die Zahl der Einsätze, die für eine Ehrung entscheidend ist. Was also im Detail nicht explizit auf ihrer Urkunde steht, versuchen die beiden Feuerwehrfrauen mal selbst zu erhellen: „Speziell für den letzten Sommer bestimmt“, fängt Saskia Schubert an. Und Angelina Krüger ergänzt: „Ich denke, auch weil wir dienstags immer da sind und Lehrgänge absolvieren, so viele Qualifikationen wie möglich erwerben.“ Auf jeden Fall war die Ehrung eine große Überraschung.

Für die beiden befreundeten Frauen, die seit 2015 im aktiven Dienst sind und sich seit 2017 Feuerwehrfrau nennen dürfen, gehört die Feuerwehr schon lange zum Leben dazu.

Bei Saskia Schubert, die gerade ihre Ausbildung zur Mechatronikerin bei Alstom beendet hat und dort arbeitet, fing alles an ihrem zehnten Geburtstag an. „Ein Kumpel war in der Jugendfeuerwehr und sagte: Komm‘ doch mal vorbei.“ Das tat sie dann auch, allerdings „zuerst immer heimlich, ich hab meiner Mama nichts gesagt“. Schnell war klar, dass sie das nicht heimlich machen muss, bekommt bis heute von zu Hause viel Unterstützung, war Jugendsprecherin und hat als Nächstes das Ziel Oberfeuerwehrfrau vor Augen.

Bei Angelina Krüger, die demnächst ihre Friseurlehre beendet, war es ebenso der Gedanke: Da könnte man ja mal hingucken. Sie kannte Saskia, außerdem war ihr Bruder bei der Jugendfeuerwehr und so wurde sie dann schließlich auch Teil der Truppe. Das ist jetzt über sieben Jahre her.

Drei Einsätze pro Woche haben sie schätzungsweise. Vor der Arbeit, nach der Arbeit, nachts – wenn der Pieper sein durchdringendes hochfrequentes Signal abgibt, geht es so schnell wie möglich zum Feuerwehrquartier an der Von-Schill-Straße. „Während der Arbeit geht das bei mir nicht“, sagt Krüger, schließlich könne sie die Kunden nicht mitten beim Frisieren sitzen lassen. Und bei Saskia Krüger würde ihre Anfahrt von Alstom zur Feuerwehr zu lange dauern – sie fährt Fahrrad.

Das Ehrenamt bei der Feuerwehr bindet viel Zeit. „Jeden Dienstag Dienstabend, Lehrgänge am Wochenende, Seminare, das nimmt man halt in Kauf“, sagen sie. Was sie so zufrieden macht dabei? „Einfach, dass man weiß, man kann Menschen helfen oder sogar Leben retten“, sagt Schubert und bekommt nickende Zustimmung von ihrer Kameradin: „Das ist auch Adrenalin, ein Haus zu löschen, ist schon was anderes als ein Mülltonnenbrand.“ Auch wenn man nicht im Angriffstrupp, sondern „nur“ im Schlauchtrupp sei, bekomme man viel vom Geschehen mit. Da müsse man auch mal den Anblick eines Toten aushalten – und das haben sie auch schon müssen.

Den zwei Frauen gelingt es offenbar ganz gut, solche Erlebnisse nicht zu nah an sich heranzulassen. „Aber es tut einem leid für die Angehörigen, die nur hilflos danebenstehen können“, meint Schubert nachdenklich. Für den Fall der Fälle hätten die Feuerwehrleute aber den direkten Draht zum Notfallseelsorger Michael Kleemann, ebenfalls Feuerwehrmann. Leider hätten einige Menschen viel zu hohe Erwartungen an die Feuerwehr, ist ihrer beider Eindruck. „Wir sind keine Helden.“

Bei ihnen selbst hat es zu Hause zum Glück noch nie gebrannt. Und wenn, würden auch sie natürlich zuerst die 112 wählen. „Aber Feuerlöscher haben wir da“, versichern sie.

Für Saskia Schubert ist die Feuerwehr fest in ihrer Lebensplanung verankert. Sie möchte gern weiter: „Ich war schon immer so, dass ich mehr wollte, auch mehr mitreden.“ Darum würde sie eines Tages gern in der Führungsebene wirken, „auf jeden Fall Gruppenführerin werden“. Angelina Krüger konzentriert ihre Energie jetzt erst einmal auf die Kommunalpolitik und hofft darauf, „dass es mit dem Stadtrat klappt“. Sie kandidiert für die „Bürger für Stendal“. Und doch hat auch dieses Bestreben etwas mit der Feuerwehr zu tun: „Da könnte ich dann mehr bei Feuerwehrfragen mitentscheiden, gerade auch für die Ortsteile.“

Was beide an der Feuerwehr so schätzen, sei das Gemeinschaftsgefühl. „Wir sind wie eine große Familie“, sagt die eine. „Wenn‘s drauf ankommt, ist jeder für jeden da“, die andere. Hilfsbereitschaft und Unterstützung – die zu spüren, entschädigt für manche Anstrengung und dienstgefüllte Freizeit.