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Gartenfest Vielfalt hinterm Gartenzaun

Auch in diesem Jahr blüht dem schönsten Garten ein Fest. Im Juni starten die Begehungen der Wettbewerbskommission.

Von Antonius Wollmann 16.05.2019, 01:01

Tangerhütte l Schick sieht sie aus, die Laube von Hossein Heidari. Kürzlich hat er auf dem Fußboden Laminat verlegt. Mit dem Dach ist der 35-Jährige ebenfalls fast fertig. Auf der Kommode steht eine Wasserpfeife. Man kann sich richtiggehend vorstellen, wie gemütlich es hier sein wird, ist das Häuschen erst mal komplett hergerichtet. Von der Ruine, die er vor ein paar Wochen vorgefunden hatte, ist nichts mehr übrig.

Das trifft auch auf den Rest des Gartens zu. Verwaist war die Parzelle. Mit den damit einhergehenden Folgen: Wildwuchs allenthalben. Nun spiegeln sich die Sonnenstrahlen im Wasser des neu angelegten Teiches. Goldfische schwimmen in ihrer neuen Heimat. Beete hat der Afghane, der seit drei Jahren in Deutschland lebt, genauso angelegt.

Alles in allem kann man nur sagen: Aus dem Brachland in der Gartensparte „Freundschaft“ in Tangerhütte hat Hossein Heidari mit der Hilfe seiner Frau im wahrsten Sinne des Wortes eine blühende Miniaturlandschaft erschaffen. „Ein Freund hat hier zuerst einen Garten gepachtet. Deshalb habe ich die Idee dazu gehabt“, verrät der junge Mann, weshalb er die Parzelle gepachtet hat.

Zwei afghanische Familien haben also in der traditionsreichen Gartensparte an der Feldstraße – gegründet wurde sie 1967 – ein Zuhause gefunden. Ein Hinweis, dass die Kleingärtnerei vielfältiger wird. Dass sich die Laubenpieper öffnen und sie aufgeschlossener sind, als es das Klischee besagt.

Menschen aus dem Ausland sind genauso willkommen wie jüngere Gärtner und Familien. „Wir haben im Vorstand einstimmig für die Aufnahme gestimmt“, sagt der Vereinsvorsitzende Ulrich Drösemeyer.

Dass die Neuzugänge einen anderen gärtnerischen Ansatz pflegen, gesteht man ihnen zu. Zu dogmatisch könne man ohnehin nicht mehr sein. Im Lauf der Jahre sei der individuelle Spielraum für die Gestaltung der Gärten ohnehin größer geworden. Auf eines lege man dennoch großen Wert: Identifikation mit der Kleingärtnerei und gegenseitige Rücksichtnahme.

Glaubt man Ulrich Drösemeyer, haben die Vereine kaum eine andere Wahl, als sich der neuen Zeit zu öffnen: „Wir alle kennen die Altersstruktur in den Vereinen und in den Städten der Region. Der demografische Wandel stellt uns vor Herausforderungen.“

Dass es nicht mehr selbstverständlich für jede Parzelle einen neuen Pächter findet, wird in der Sparte deutlich. Der Leerstand hält sich zwar im Vergleich zu anderen Vereinen noch in Grenzen, 17 der insgesamt 109 Flächen haben keinen Pächter. Damit es nicht zu trostlos aussieht, hat sich der Verein etwas einfallen lassen. Zehn Parzellen werden von der Tafel genutzt, seit 13 Jahren kooperiert der Verein außerdem mit der Kita „Anne Frank“.

Bleiben sieben Flächen, die nicht bewirtschaftet werden. Lauben wurden bereits zurückgebaut. Hier entstehen Insektenhotels. So kreativ die Lösung ist: Neue Pächter wären dem Verein wohl lieber. Am besten so gewissenhafte wie Hossein Heidari.