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Gerichtsurteil Betrüger hat seine Lektion gelernt

Bei einem Osterburger Kleinkriminellen lässt das Stendaler Amtsgericht Milde walten und stellt ein Verfahren wegen Internetbetruges ein.

Von Wolfgang Biermann 14.07.2020, 05:00

Stendal l Mit dem sprichwörtlichen blauen Auge ist ein 36-jähriger Osterburger mit einer längeren Karriere als Kleinkrimineller jetzt am Amtsgericht in Stendal davongekommen. Sein Verfahren wegen Betruges übers Internet wurde mit Blick auf eine Verurteilung im März dieses Jahres wegen ebensolcher und anderer Taten eingestellt.

„Ich glaube, jetzt hat er es begriffen“, sagte der Vorsitzende Richter, vor dessen Tisch der Angeklagte in diesem Jahr schon zweimal stand. Zuvor hatte der 36-Jährige eingeräumt, auf dem Kleinanzeigenmarkt eines Internetportals am 26. Juli vorigen Jahres eine tragbare Lautsprecherbox zum Preis von 250 Euro angeboten zu haben. Demnach hatte es mehrere Kaufinteressenten gegeben. Die hatten jeweils 250 Euro auf sein Sparkassenkonto überwiesen, dafür aber nie die angebotene Box erhalten.

Mit zwei der Kunden hätte er sich geeinigt und das Geld zurückgezahlt, gab der Angeklagte an. Blieb ein Käufer, dem er die Rückzahlung noch immer schuldet. Auf dessen Strafanzeige fußte dann auch die Anklage der Staatsanwaltschaft Stendal.

Im Vorfeld des aktuellen Prozesstermins hätte er sich mit dem Mann in Verbindung gesetzt, sagte der arbeitslose, nach eigenen Angaben derzeit in einem Praktikum mit Aussicht auf Arbeit befindliche Osterburger aus. Er will dem Opfer 125 Euro überwiesen haben. Die zweite Hälfte solle Ende Juli folgen. Der Käufer hätte bekundet, dies dem Gericht bestätigen zu wollen. „Bei mir ist nichts angekommen“, sagte der Vorsitzende Richter. „Aber bei mir“, meldete sich die Staatsanwältin zu Wort.

Demnach hat der Betrogene der Staatsanwaltschaft kurz vor dem Prozess ein Mail gesandt, in welchem er die Angaben des Angeklagten bezeugte. „Wenn das Geld komplett auf meinem Konto ist, ist die Sache für mich erledigt“, zitierte die Staatsanwältin aus der Mail.

Vom Richter kam postwendend der Vorschlag, das Verfahren mit Verweis auf das jüngste Urteil einzustellen, weil die am 16. März verhängte Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 10 Euro (1300 Euro) „zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint“. Der Angeklagte zeigte sich erleichtert. „Sowas passiert nicht mehr“, versicherte er.

2017 hatte die Volksstimme erstmalig über ihn berichtet. Da war er wegen schweren Einbruchdiebstahls in die Firma seines damaligen Arbeitgebers zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Anhand von Indizien und Zeugenaussagen sah ihn das Amtsgericht der angeklagten Taten überführt. Der damals 33-Jährige hatte die Vorwürfe erst vehement bestritten. Er führte gar einen Komplott seiner Ex-Freundin und des Ex-Chefs gegen ihn sowie bezahlte Falschaussagen ins Feld.