Premiere "Deutschland. Ein Wintermärchen" / Volker Wackermann begibt sich auf Heine-Reise Heimat bedeutet für ihn Geborgenheit
Schauspieler Volker Wackermann hat seine Heimat verlassen. Der deutsche Dichter Heinrich Heine auch. Wie man sich dabei fühlt, welche Sehnsüchte bleiben und ob sich ein Zurückkommen lohnt, zeigt das neue Stück am TdA "Deutschland. Ein Wintermärchen".
Stendal l "Ex-Heimat" sagt Volker Wackermann höchstens, wenn er an Lingen denkt, an den Ort, in dem er einst geboren wurde und aufgewachsen ist. Mit dem Begriff "Heimat" tut sich der 43-jährige Schauspieler nämlich schwer. Sehr schwer. Viel zu belastet sei das Wort durch den Nationalsozialismus. Heimat, findet er, ist ein sensibles Thema. Vielleicht hat Wackermann nach der Schule deshalb Lingen verlassen, ist in die weite Welt gezogen. Zumindest hat er diese Entscheidung getroffen.
Der, dessen Geschichte er am Sonnabend auf der Bühne des Theaters der Altmark erzählen wird, der musste seine Heimat verlassen. Unfreiwillig. Doch er, der deutsche Dichter Heinrich Heine, durfte nach jahrelangem Exil zurück in seine Heimat, nach Deutschland. Überglücklich war er, schließlich hatte sich Heine doch immer als deutscher Dichter gefühlt. Dabei war er in seiner Heimat ein Ausgegrenzter, einer, der die preußische Politik scharf kritisierte und so zum Opfer der Zensur geworden war.
Nachdem sich Heine auf den Weg von Paris nach Hamburg begeben hat, um seine Mutter zu besuchen, entsteht 1844 sein Reiseberichtsepos, das er "Deutschland. Ein Wintermärchen" nennt. Statt schwulstigem Lobgesang knöpft sich der Exilant sein rückständiges Heimatland vor, wird dabei politisch und beschreibt Situationen witzig sowie ironisch-liebevoll. Nachdem Wackermann das Wintermärchen verinnerlicht hatte, war er begeistert und formuliert sein Lob dann doch etwas schwulstig: "Formidabel und inhaltsvoll."
500 Heine-Verse sind es, die sich nun Regisseur Louis Villinger vorgenommen hat, um Heines Werk mit dem Spielzeitmotto des TdA "Heimat" zu verknüpfen. Denn anhand Heines Versepos soll auch die Sicht derer gezeigt werden, die ihre Heimat freiwillig verlassen haben oder unfreiwillig verlassen mussten. Wie verändert denn die Distanz den Blick auf das Heimatland? Und welche Sehnsüchte bleiben? Geht es den Menschen heute ähnlich wie Heine damals?
Heimat ist Geborgenheit und Vertrauen
Eine Stunde werden Volker Wackermann und Robert Grzywotz, der den Hauptakteur mal singend auf der Gitarre oder sprechend begleitet, nicht nur Heines Verse erzählen. Briefe und Gedichte des Dichters aus der Zeit wurden ebenso in das einstündiger Stück eingeflochten wie Gefühle von "Stendaler Exilanten". Eine Syrerin, ein Afghane, eine Türkin, eine Russin, sie alle werden darüber sprechen, was Heimat für sie bedeutet, um den alten Text in der Moderne zu spiegeln.
Volker Wackermann lebt mittlerweile in Stendal und Berlin. Heimat, das ist für ihn ein Ort, an dem er sich wohlfühlt. "Ich kann mich auch in Lingen fremd fühlen, obwohl ich dort geboren bin." Geborgenheit und Vertrauen lassen den Schauspieler heimatlich werden. So wie damals während seines FÖJ in einem Energie- und Umweltzentrum. "Da haben wir gemeinsame Gedanken verfolgt und hatten einen Einheitslohn. Jede Stimme war gleichberechtigt." Und weil ihm die "Menschenstruktur" so viel gegegeben hatte, er so sein durfte, wie er war, blieb er für immerhin zehn Jahre.
Der deutsche Dichter Heinrich Heine, der seine Heimat 1831 verlassen musste, kehrte nie wieder gänzlich zurück, lebte bis zu seinem Tode in Frankreich.
Das Stück "Deutschland. Ein Wintermärchen" hat heute um 19.30 Uhr im Rangfoyer Premiere.Regie führt Louis Villinger. Karten gibt es unter Tel. (03931) 635777.