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Trotz Sturms und Nieselregens gab es am Wochenende in Tangermünde tausende glückliche Gesichter Hier stellt nur der Weihnachtsmann die Fragen

Von Rudi-Michael Wienecke 09.12.2013, 02:14

Viele tausend Menschen trotzten am Wochenende dem Wetter. Der Besuch des Tangermünder Weihnachtsmarktes war für sie obligatorisch.

Tangermünde l Der sechsjährige Sascha Kischkel hörte gespannt zu, als der Herr mit dem langen Bart und dem roten Mantel neben ihm interviewt wurde. Als Name nannte dieser Weihnachtsmann, bei der Frage nach dem Vornamen kam er etwas ins Stottern. Seit 1000 Jahren besuche er aber den Weihnachtsmarkt in Tangermünde und beschenke die Kinder, wollte er mit tiefer Stimme schnell das Thema wechseln und tappte in die nächste Falle, schließlich gibt es den Tangermünder Markt in seiner jetzigen Form erst seit sechs Jahren. "hmm ....", grübelte Herr Weihnachtsmann und ergriff schmunzelt die Gegenoffensive: "Wer von euch kann ein Gedicht aufsagen oder ein Lied singen?" - Alles klar: Der Weihnachtsmann lässt sich keine Fragen stellen. Er stellt die Fragen!

Silvia Ladwig, die Oma des kleinen Saschas, verfolgte das Schauspiel amüsiert. Sie gehörte zu den tausenden Menschen, die sich am Sonnabendnachmittag auf dem Neumannschen Hof von Bude zu Bude drängten und dem Nieselregen trotzten. Mit ihrem Enkel reiste sie aus Lossa im äußersten Süden Sachsen-Anhalts an. Obwohl es in ihrem Wohnort direkt an der thüringischen Grenze auch genug Adventsmärkte gebe, ist der in Tangermünde für sie der Beste. Jedes Jahr genieße sie das bunte Treiben in der Kaiserstadt. Was macht den Markt für sie so einmalig? "Ich bin gebürtige Tangermünderin und in der Heimat ist es eben am Schönsten", nannte sie Patriotismus als Grund.

Ungleiches Gespann ist eingespieltes Team

Wenige Meter weiter drehte die ständig gut besetzte Kindereisenbahn ihre Runden um den Weihnachtsbaum. Dahinter erklangen die Stimmen der Männer aus dem Elbchor Bittkau-Grieben, die vor großem Publikum aus ihrem Repertoire weihnachtliche Seemannslieder vortrugen. Vor den Grünkohl, Glühwein-, Fisch- oder Waffelständen standen lange Schlangen.

Die Verkäufer von Holzspielzeug oder weihnachtlichen Dekorationen machten ein gutes Geschäft und im Zeitzeugen-Museum, durch das sich ununterbrochen eine Menschenmasse wälzte, gab es manchen Aha-Effekt. Da erkannte man das kleine praktische Schrank-Model wieder, in dem Oma in den 50er und 60er-Jahren noch all das unterbringen konnte, was tagtäglich in der Küche gebraucht wurde oder man erinnerte sich beim Anblick des schwerer Bohnerbesens an die Verdonnerung zum Reinigungsdienst während der Armee-Zeit.

Die komplette "Lange Straße" war gesäumt von Buden, die alles rund um das Weihnachtsfest im Angebot hatten. Allein der Weg bis zum Marktplatz, der durch das dortige kulturelle Angebot weiterer Anlaufpunkt am Wochenende war, dauerte aber eine halbe Ewigkeit. Entweder man verharrte als Marktbesucher selber vor einem Stand, oder andere Kauf- und Schaulustige verhinderten das schnellere Durchkommen.

Der Baum samt Schmuck blieb stehen

Bequemer war die Fortbewegung in der Kutsche. Davon waren gleich zwei unterwegs. Aus Stendal kam Bernhard Beye, dessen zwei Shetlandponys die Schmuseeinheiten der Kinder und Erwachsenen genossen. Ungewöhnlicher war dagegen das Gespann von Kerstin Szyszka aus Tangermünde. Sie hatte neben ihren großen Tinker namens "Tinker" das kleine Shetty "Lucky Loo" gespannt. Beide bildeten aber im dichten Gedränge ein ruhiges gut aufeinander eingespieltes Team. Links und rechts der Flaniermeile oder auch etwas Abseits, hatten Tangermünder Gewerbetreibende oder Interessengruppen ihre Höfe geöffnet. So luden die Stadtführerkinder in den Schrotturm ein. In ihm begeisterten sie mit ihrem zehnminütigen Kurzfilm, der Weihnachtsgeschichte nach dem Lukasevangelium. Außerdem bekamen die Gäste Unterricht im Seil drehen oder Kerzen ziehen.

Erstmals hatte auch Ina Riedel aus der "Langen Straße" ihr Grundstück geöffnet und sie wunderter sich, dass so viele Menschen darauf Platz finden. Den Nieselregen nahm sie kaum war, so viel Freude und Spaß hatte sie während der unzähligen Verkaufsgespräche die sie mit den Fremden führte, die sich für ihre Erdnuss-Elche interessierten.

Andere Anbieter ließen sich trotz des trüben Wetters ebenfalls die Laune nicht verderben. Renner am Stand von Annedore Dammeier waren beispielsweise die kreativ gestalteten Acryl-Kugeln, die leuchteten. Sie war in Tangermünde, "um die Materialkosten wieder teilweise reinzuholen", verriet die Hobbybastlerin aus Schönhausen, die im Hauptberuf Landwirtin ist.

Noch am Donnerstag bangten die Organisatoren, dass ihnen das Sturmtief einen Strich durch die Rechnung macht. Am Freitag machten in Tangermünde Gerüchte die Runde, dass der Weihnachtsmarkt auf Grund des Sturmes abgeblasen sei.

Um so glücklicher war Burkhard Bresch, Vorsitzender des Vereins "Weihnachtsmarkt Neumannscher Hof", dass er am Wochenende in viele tausend regennasse, aber glückliche Gesichter blicken durfte. Stolz war er, dass der Weihnachtsbaum in seinem vollen Schmuck dem Sturm trotzte. Für Bresch stand fest: "Auch im kommenden Jahr wird der Markt bereits am Freitagnachmittag geöffnet sein."