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"Mein Stendal" - Unterwegs mit Katrin Kunert, Linkspartei-Kandidatin für die Stendaler OB-Wahl Im Anflug aufs Rathaus

Von Bernd-Volker Brahms 01.06.2015, 03:38

Drei Kandidaten treten am 21. Juni zur Oberbürgermeister-Wahl an. Die Volksstimme hat jeden von ihnen eine Stunde begleitet, um ihr persönliches Stendal kennenzulernen. "Mein Stendal" zeigt heute Katrin Kunert (Linkspartei).

Stendal l Katrin Kunert holt mich ganz beschwingt in der Redaktion ab, um mir für eine Stunde "ihr persönliches Stendal" zu zeigen. Ihr Mann Joachim Röxe sitzt am Steuer des VW-Tiguan und lenkt uns zum Flugplatz Borstel. Während der Fahrt diskutiert Katrin Kunert auf dem Rücksitz am Telefon mit einem Mitarbeiter aus ihrem Berliner Abgeordnetenbüro. Es geht darum, wie sich die Stendaler Bundestagsabgeordnete zu den skandalösen Vorgängen bei der Fifa und deren Chef Sepp Blatter positioniert. Das ist Alltagsgeschäft für ein Mitglied des Bundestags-Sportausschusses.

In Borstel angekommen, wird die blau-weiße Cessna 172d vom Piloten Hans-Jürgen Pyka gerade betankt - es geht zu einem Rundflug über Stendal. "Schreiben Sie aber bloß nicht, jetzt hebt die Kunert ab", sagt die 51-Jährige und schmunzelt, ehe sie in den Flieger einsteigt und sich zum Spaß erst einmal ans Steuer setzt.

Die Stadt sei an der Flugplatzgesellschaft beteiligt und das solle auch so bleiben, erläutert Kunert. Von daher sei es für sie stimmig, einmal eine Runde von Borstel aus über der Stadt zu fliegen. Außerdem: "Stendal besteht nicht nur aus der Innenstadt, es gibt 30 Ortsteile - und die sieht man von oben am besten."

Bevor es losgeht, macht Joachim Röxe noch ein paar Fotos, einige davon landen wenig später auf der neuen Facebook-Seite der Stendalerin. "Ich habe innerhalb von zwei, drei Wochen fast 600Freundschaftsanfragen bekommen", berichtet sie.

"Ich hätte Sie natürlich auch zu mir nach Hause einladen können", sagt Katrin Kunert. Ihr Zuhause sei für sie in Stendal ihr Rückzugsort. Da könne sie entspannen, im Garten arbeiten. "Ich bin umgeschulte Floristin, Gartenarbeit macht mir einfach Spaß." 1999 zog sie nach Wahrburg, sie und ihr Mann kauften dort ein Haus. Da es aber eben auch ein sehr privater Ort sei, komme eine Homestory in der Zeitung für sie nicht infrage.

Dann geht es rein in die Cessna. "Eine Transall erkenne ich am Klang", sagt sie. Unlängst war sie in Georgien und in Aserbaidschan, auch nach Afghanistan flog sie schon mit einer Bundeswehrmaschine. "Je größer der Vogel, desto besser liegt er in der Luft", sagt sie in Richtung von Pilot Hans-Jürgen Pyka. Der nickt. Es weht ein strammer Wind. Beim Abheben schaukelt es gewaltig, die Maschine vibriert im Wind. 15Knoten heißt es vom Tower. Der Flieger ist schnell auf 300 Meter Höhe. Es geht zunächst in nördlicher Richtung. Peulingen und Neuendorf am Speck kommen ins Visier. "Da ist Groß Schwechten", das erkennt Kunert nach einem weiteren Schwenk auch ohne Karte.

"Wir müssen alle Bürger einbeziehen, eben auch in den Ortsteilen", sagt Kunert später bei einem Kaffee in der Gaststätte "Zum Fliegerhorst". Eine gute halbe Stunde hat unser Flug gedauert. Sie möchte im Stendaler Haushalt einen Teil als Bürgerbudget ausweisen, über dessen Geldsumme die Bürger dann entscheiden können. "Das ist sicher anstrengend und ich werde Überzeugungsarbeit leisten müssen, da ich am Ende auch Mehrheiten im Stadtrat brauche", sagt sie.

Aber zurück zum Flug: Jetzt steuert Pilot Pyka die Maschine dann doch Richtung Stendal-Stadt. Das Stadion am Galgenberg ist deutlich zu erkennen. "Das ist ein wichtiger Ort für mich", sagt Kunert. Als passionierte 800-Meter-Läuferin hat sie viele Stunden auf der Laufbahn verbracht, zahlreiche Altmarkrekorde "gehamstert". "Auch der Staffellauf war immer meine Disziplin", sagt sie. Da komme es auf die gute Staffelübergabe an. Ohne es explizit zu sagen, schwingt bei ihr auch wieder eine politische Dimension ihrer Aussage mit: Teamarbeit ist gefragt, auch wenn man das Stendaler Rathaus führen möchte.

Der Blick aus 600 Metern Höhe auf den Schwanenteich und die Grünfläche am Bruchweg verleitet Kunert zu der Aussage: "Da möchten ja einige am liebsten Bauflächen ausweisen."

Über Stendal-Süd geht der Flug weiter in Richtung Buchholz, dann über Heeren. Es sind die vielen Windkraftanlagen jenseits der Elbe und auch bei Arneburg zu sehen. "Das sind zu viele", sagt sie.

Dann bittet sie den Piloten, noch in Richtung Wahrburg zu fliegen. Zuvor erkennt man den Bahnhof: "Ein wichtiger Ort für mich." Denn zum Pendeln nach Berlin nutzt sie seit zehn Jahren die Bahn. "Da unten ist unser Haus", sagt sie. "Das mit den Sonnenkollektoren." Bei Wahrburg ist ihr wichtig darauf zu verweisen, dass die Bahnlinie, die den Orteil schneidet, an einer Seite überhaupt keinen Schallschutz besitzt. "Das muss sich ändern."

Und dann entdeckt sie aus der Höhe noch spontan einen anderen Ort mit persönlichem Bezug: das Pflegeheim "Am Springberg". "Dort ist meine Schwiegermutter seit einiger Zeit untergebracht und wird hervorragend betreut." Beim Blick aufs Uenglinger Tor fällt ihr ein: "In der Bismarckstraße gibt es ein paar ganz nette Geschäfte." Ohnehin gehe sie in Stendal gerne shoppen. Und dann: "Da ist das Rathaus." Ein Ort, den sie aus vielen Stadtratssitzungen kennt. Am liebsten möchte sie ihren Schreibtisch dort bald aufstellen.

Den Landeanflug auf Borstel nimmt Ehemann Joachim Röxe auf dem I-Pad auf. Kleine, private Erinnerung an eine Dienstreise.

Am Dienstag zeigt Klaus Schmotz (CDU) sein Stendal. Und am Mittwoch, 3.Juni, stellen sich die drei OB-Kandidaten beim Volksstimme-Forum im Großen Haus des TdA den Fragen der Moderatoren Bernd-Volker Brahms und Thomas Pusch sowie des Publikums. Die öffentliche Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr.