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Bildung Junger Syrer in Stendal schafft es mit viel Fleiß zum Jahrgangsbesten

Seine Lehrer sind des Lobes voll: Ahmad Omar hat das Abitur am Berufsbildungszentrum Stendal mit 1,4 abgeschlossen – als Jahrgangsbester.

Von Andreas König Aktualisiert: 18.07.2021, 20:13
Ahmad Omar ist mit einem Abiturdurchscnitt von 1,4 Jahrgangsbester am Berufsschulzentrum Stendal geworden. Seine Deutschlehrerin Jana Schößler und Mathematiklehrer Marco Schramm loben seine Leistungsbereitschaft und seine freundliche Art.
Ahmad Omar ist mit einem Abiturdurchscnitt von 1,4 Jahrgangsbester am Berufsschulzentrum Stendal geworden. Seine Deutschlehrerin Jana Schößler und Mathematiklehrer Marco Schramm loben seine Leistungsbereitschaft und seine freundliche Art. Foto: Andreas König

Stendal - Wenn die komplizierte deutsche Grammatik mal wieder nicht allen in der Klasse einleuchtete, wusste Deutschlehrerin Jana Schößler, wer es erklären konnte: Ahmad Omar. Der schlanke junge Mann gehörte zu den „Leistungsträgern, zu den Zugpferden in der Klasse“, sagt die Pädagogin, die am Berufsschulzentrum in Stendal unterrichtet.

Familie zieht von Stendal nach Marburg um

Omar ist jetzt nicht mehr in Stendal. Gleich nachdem er sein Abizeugnis in der Tasche hat, ziehen seine Familie und er nach Marburg, wo seine Schwester bereits studiert. Ahmad selbst möchte in Darmstadt Informatik studieren.

Wenn er spricht, hört man nur bei einigen wenigen Worten, dass Deutsch nicht seine Muttersprache ist. „Am Anfang war es nicht leicht, aber nach und nach wurde es besser“, sagt der junge Mann. Weil syrische Abschlüsse nicht oder nur bedingt anerkannt werden, musste Ahmad zunächst den Realschulabschluss, später den erweiterten Realabschluss ablegen. „Ich kam zunächst auf eine Warteliste“, erzählt Ahmad. „Als ich dann endlich den erweiterten Realabschluss bekam, habe ich mich sehr gefreut“, sagt Ahmad Omar.

Am Berufsschulzentrum belegte er Profilfächer in der Fachrichtung Gesundheit und Soziales. „Ahmad hat sich unheimlich reingekniet, er war sehr fleißig“, sagt Jana Schößler.

Bei der Zeugnisübergabe erhielt er dann den Lohn der Mühen: ein tolles Abiturzeugnis mit einem Durchschnitt von 1,4. Damit ist Ahmad Jahrgangsbester.

Vater hat politisches Asyl beantragt

Seine Familie und er stammen aus Hasaka im Norden Syriens. Sie sind Kurden, sein Vater hat politisches Asyl beantragt. Nach Deutschland ist die Familie über die Türkei gekommen.

Syrien ist für Ahmad zwar Heimat, aber er möchte in Deutschland bleiben. Die Zeit in Stendal war „ganz okay“, wie er sagt. Doch Freunde, zumal unter den Deutschen, hat er keine gefunden.

„Am besten in Stendal hat es mir gefallen, die Breiten Straße lang zu spazieren und shoppen zu gehen“, sagt Ahmad. Einen regelrechten Lieblingsplatz hat er nicht gefunden. „In Stendal ist ja nicht so viel los“, sagt Ahmad. So gesehen, dürfte ihn der Abschied von der Altmark nicht allzu schwer fallen.

Besonderes Lob verdient

Die Klasse Ahmads, in der zum Schluss nur noch 15 Schüler von vormals 23 lernten, hat mit der jungen Frau Imam noch eine Schülerin mit Migrationshintergrund und sehr guten Leistungen hervorgebracht. „Das kann man den Schülern gar nicht hoch genug anrechnen“, sagt Jana Schößler. Die fremde Sprache, die kulturellen Unterschiede und nicht zuletzt das Lernen unter Pandemiebedingungen sind keine leichten Startbedingungen. Dass sich Ahmad trotzdem so zielstrebig so viel Wissen angeeignet hat, verdiene ein besonders Lob.

Wegen der Anfangsschwierigkeiten hat die Schulzeit bei Ahmad etwas länger gedauert als gewöhnlich. Jetzt ist er zwanzigeinhalb Jahre alt. Drei Jahre wird der Bachelor-Studiengang dauern, vielleicht gefolgt von zwei weiteren Jahren Masterstudium.

Vielleicht etwas in Richtung Cybersicherheit

„Erst wollte ich Ingenieurwissenschaften studieren, doch jetzt interessiere ich mich mehr für Informatik“, sagt Ahmad Omar. Vielleicht will er die Richtung Cybersicherheit einschlagen, derzeit ein ganz heißes Thema.

Digitale Programmiersprachen kennen keinen Akzent, doch auch in der analogen Kommunikation dürfte Ahmad mit seinen sehr guten Deutschkenntnissen keine Probleme haben, den Vorlesungen und Seminaren zu folgen. Was fiel ihm anfangs am schwersten in der deutschen Sprache? „Die Fälle“, antwortet Ahmad.

Und weil er ein sehr höflicher junger Mann ist, der nur antwortet, wenn er gefragt wird, hat seine Deutschlehrerin das letzte Wort: „Ahmad ist ein unfassbar bescheidener Schüler, den wir in sehr guter Erinnerung behalten werden.“