Heizungs- und Sanitärbetrieb beschäftigt nur einen Azubi / Kaum Bewerber auf Lehrstelle "Kein Anschiss ist mir Lob genug"
Handwerksbetriebe in der Region haben es schwer, geeigneten Nachwuchs zu finden. Auch Firma Kurze aus Stendal macht da keine Ausnahme. Im vergangenen Jahr hatte der Heizungs- und Sanitär-Betrieb keinen einzigen Bewerber für seine Lehrstellen gefunden. Daniel Ruf ist derzeit der einzige Azubi im Betrieb.
Stendal l Geduldig hält Daniel Ruf seinem Kollegen die Leiter, reicht ihm Metallteile für einen Lüftungsschacht. Die Arbeiten sind Teil der Kühlanlagenerneuerung des Stendaler Johanniter-Krankenhauses. "Eigentlich mache ich in meiner Ausbildung fast alles außer schweißen, dafür müsste ich einen speziellen Lehrgang absolvieren", sagt der 26-Jährige. Daniel Ruf ist aktuell der einzige Lehrling im Heizungs- und Sanitärbertieb von Ralf Kurze in Stendal. Eigentlich hatte er eine Karriere bei der Bundeswehr geplant, wo er vier Jahre lang diente. Als dort dann ab 2011 Stellen abgebaut wurden, habe er sich nach einer Alternative umsehen müssen. "Ein Bekannter gab mir den Tipp, mich bei Firma Kurze zu bewerben", blickt Ruf fast drei Jahre zurück. Dort habe er dann nach zwei Wochen Praktikum seinen Lehrvertrag erhalten.
"Ich bin auch privat recht handwerklich begabt, schraube gern an Dingen rum", beschreibt Ruf seine Veranlagung. Mit seinen Kollegen komme er gut aus. "Ich bin sowieso etwas ruhiger", sagt er. Auch, wenn so mancher Kollege mit Lob sparen würde. "Kein Anschiss ist mir Lob genug", witzelt der 26-Jährige.
"Das ist schon eine breite Palette an Wissen, die vermittelt wird."
Daniel Ruf, Azubi
In seinem Ausbildungsbetrieb fühlt sich Daniel Ruf wohl, wie er sagt. Sein Interesse sei zwar groß, die Lehrinhalte jedoch gewaltig. "Das ist schon eine breite Palette an Wissen, die vermittelt wird. Manchmal ist es sehr anstrengend, zu folgen", schildert er seinen Alltag. Da sei ein bisschen Engagement gefragt. Der Lehrplan ist Ruf zufolge zu 80 Prozent praktisch anwendbar. Der Azubi lernt nicht nur praktische Dinge in seinem Ausbildungsbetrieb, sondern auch theoretisches Wissen an der Berufsschule in Salzwedel. Alle drei bis vier Wochen pendle er dort für fünf Tage hin. Dazu kämen noch überbetriebliche Lehrgänge am Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer Magdeburg.
Soviel Spaß ihm auch seine Lehre macht, mit der Ausbildungsvergütung ist Daniel Ruf nur mäßig zufrieden. "Große Sprünge kann ich finanziell damit nicht machen", sagt er. Eine kleine Wohnung in seiner Heimatstadt Stendal könne er sich leisten, große Urlaubsreisen aber nicht.
Anfangs verdient der Lehrling bis zu 500 Euro brutto, am Ende der dreieinhalb Lehrjahre dann bis zu 750, informiert Rufs Chef Ralf Kurze. Er habe aber schon daran gedacht, die Vergütung zu erhöhen. "Der Verdienst wird sich dem mangelnden Angebot anpassen müssen", blickt Kurze auch, was die Bezahlung ausgebildeter Handwerker angeht, in die Zukunft. Schlange stünden die Lehrlinge bei ihm nicht gerade, im Gegenteil. "Sonst hatten wir im Schnitt wenigstens immer noch bis zu vier Bewerber auf freie Lehrstellen. 2014 gab es keinen einzigen", äußert sich der Diplomingenieur besorgt. Dabei sei nicht nur die Bezahlung ein Problem. Auch die immer anspruchsvoller werdende Tätigkeit als Anlagen- mechaniker für Sanitär, Heizung und Klimatechnik und die damit einhergehenden umfangreicheren Lehrinhalte könnten junge Leute abschrecken.
"Wo wir arbeiten, ist es kalt. Wenn wir weggehen, ist es wieder warm."
Ralf Kurze, Handwerksmeister
Zum Beruf gehöre auch Bereitschaftsdienst. Wenn nötig, müsse bei einer Havarie spät in der Nacht ins hinterste Dorf ausgerückt werden. Ohnehin sei es ein regelrechter Knochenjob, bei dem keiner zimperlich sein sollte. "Wo wir arbeiten, ist es kalt. Wenn wir weggehen, ist es wieder warm", beschreibt Kurze die Situation, wenn der Handwerker in frostigen Nächten bei Heizungsausfall in eisigen Kellern Thermen oder Rohre reparieren muss. Trotzdem sei der Beruf sehr abwechslungsreich. Und wer wirklich noch ein Ingenieursstudium anschließen wolle, habe nach der Ausbildung die Möglichkeit dazu. Die Chancen für gute Lehrlinge, nach der Ausbildung eine Festanstellung im Betrieb zu erhalten, stünden überdies hervorragend.
Aber dafür muss der Lehrling zunächst einmal das nötige Rüstzeug aus der Schule mitbringen, erklärt Kurze. "Physik und Mathe muss man in unserem Job einfach beherrschen", stellt er klar. Darum sei er skeptisch, was die Tauglichkeit von Hilfs- oder leistungsschwachen Schülern für den Beruf angeht. Allerdings unterstreicht Kurze die Notwendigkeit, dass Handwerker gezielt an die Sekundarschulen gingen, um dort Schüler für den Beruf zu begeistern. Oft fehle dazu im ohnehin schon stressigen Alltag die Zeit.
"Die Sekundarschulen sind kaum noch dazu in der Lage, die Schüler optimal auf eine duale Ausbildung vorzubereiten", schildert der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Altmark, Bernhard Brauer, seine Erfahrungen. Seine Interessensvertretung habe zu Beginn des Jahres erste Kontakte zu den Sekundarschulen, zu Eltern und zu Schülern geknüpft. "Unsere große Chance muss das Schülerpraktikum sein", erklärt Brauer. Im Handwerk könnten sich die Jugendlichen mehr ausprobieren und Bleibendes schaffen, als wenn sie beim Discounter Regale einräumten oder den Boden fegten. "Wenn es künftig immer weniger Handwerker gibt, werden die Preise für die Leistung sowie die Wartezeiten rapide ansteigen", warnt Brauer.
Ralf Kurze sucht zum August neue Lehrlinge. Bei Interesse einfach ein Mail an: info@kurze-wsk.de.