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Albrecht Franke gestaltet Lesung über vergessenen Lyriker aus Baben / Sprachkritischer Text auf Buchmesse Keine Angst vor Gedichten!

Von Nora Knappe 06.09.2013, 03:04

Bis zu den Sommerferien war Albrecht Franke Lehrer am Winckelmann-Gymnasium und Leiter des Schreibzirkels dort. Mit seinem Ruhestand hat er jetzt wieder mehr Zeit für eigene Projekte. Zwei davon sind schon festgezurrt.

Stendal l Zur Buchvorstellung auf der Frankfurter Buchmesse wird Albrecht Franke nicht reisen. Aber wenn am 12. Oktober der Band "Mit Sprache über Sprache" vorgestellt wird, weiß er, dass damit auch ein wichtiges Anliegen von ihm Beachtung findet. Das Buch enthält sprachkritische Texte aus dem "Landschreiber"-Wettbewerb der Internationalen Gesellschaft für Sondersprachenforschung. Es sei, so die Wettbewerbsmacher, eine "Fundgrube für jeden, der es mit der Vermittlung von Sprache und Literatur zu tun hat", also auch für Lehrer an Schulen und Universitäten.

In seinem Text "In geilen Zeiten leben" beschäftigt sich Albrecht Franke, der bis vor Kurzem am Winckelmann-Gymnasium Deutsch und Philosophie unterrichtete, mit den Unterschieden der Sprache in der DDR und BRD. "Mit der Wende wurde über Nacht eine Sprache durch eine andere ersetzt", erklärt er, "die Idiotie der Sprache der DDR mit ihren vielen Genitiven und Schlagworten wurde von einer neuen Sprachdoktrin abgelöst, wo man auf den Wahnwitz von ¿Kompetenz\', ¿Maßnahmenbündelung\' und lauter ¿Experten\' trifft."

"Wir verlieren die Fähigkeit, Poesie zu verstehen"

Franke ärgert sich zutiefst über den gedankenlosen Gebrauch von Schimpfwörtern, Fäkalsprache und englischen Begriffen. "Ich mache mir große Sorgen um den Verlust der Ausdrucksfertigkeiten", sagt der 63-Jährige, der selbst Autor ist. "Wenn ich bestimmte Wörter nicht mehr kenne, kann ich auch nicht alles ausdrücken, was ich wirklich sagen will. Und dadurch werden wir auch die Fähigkeit verlieren, Poesie zu verstehen."

Und da knüpft er passenderweise mit seiner nächsten Veranstaltung an. Am 18. Oktober wird er mit dem aus der Altmark stammenden Autor Wolfgang Eschker in der Kirche zu Baben eine Lesung über den Lyriker Jürgen Eggebrecht machen. Der Ort der Veranstaltung ist mit Bedacht gewählt: Schließlich wurde Eggebrecht im Babener Pfarrhaus geboren, das war 1898. "Eggebrecht ist in seiner Heimat unverdientermaßen in Vergessenheit geraten, und das nicht erst seit seinem Tod 1982", sagt Franke, "dabei ist er ein bemerkenswerter Autor, der von Ingeborg Bachmann und Sten Nadolny hoch geschätzt wurde."

Bei dem literarischen Abend - auf dem man sich ganz unakademisch mit diesem Lyriker bekanntmachen lassen kann - werden Eggebrechts Biografie und einige seiner Gedichte vorgestellt. Das Publikum darf fragen und mitinterpretieren.

Dass es Lyrik an sich schwer hat, weiß Albrecht Franke nur zu gut. "Ein gutes Gedicht zu schreiben, ist so schwer! Ich habe mich nur selten rangewagt." Um die von leisem Humor durchzogenen, teils auch fein melancholischen Gedichte Eggebrechts zu durchdringen, habe er Tage gebraucht. "Sie sind auf jeden Fall mehrdeutig, und ich sehe sie als Anregung zum Gespräch."

Der literarische Abend am 18. Oktober beginnt um 18 Uhr, der Eintritt ist frei.