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Kinderbetreuung Färberhof ringt ums Überleben

Das Schicksal des Fäberhofes in Stendal steht auf der Kippe. Die Chefin der Privateinrichtung beklagt unfaire öffentliche Grundfinanzierung.

Von Bernd-Volker Brahms 09.11.2019, 00:01

Stendal l Es ist fünf vor zwölf beim Stendaler Färberhof. Das machte Geschäftsführerin Marika Mund jetzt bei einer Versammlung im Hotel „Schwarzer Adler“ deutlich. Unter der Überschrift „Jubiläum oder Schließung“ hatte sie Eltern, Mitarbeiter, Partner und auch Stadträte eingeladen. Der Raum war mit mehr als 80 Personen voll besetzt.

Marika Mund versprach, sich bei ihren Ausführungen kurz zu fassen. Am Ende schilderte die wortgewandte Geschäftsführerin in rund 70 Minuten die dramatische Situation der Einrichtung. „Es gibt eine chronische Unterfinanzierung“, sagt sie. Die Grundfinanzierung, die sie für ihre private Einrichtung haben möchte, werde nicht in vollem Umfang gewährt. Seit Jahren müsse mit Vehemenz der öffentlich Zuschuss eingefordert werden. Um die aktuelle Plan-Insolvenz noch abwenden zu können, hofft die Geschäftsführerin auf rund 100.000 Euro von der Stadt. Die Anträge sind gestellt. Es geht dabei um einen rückwirkenden Zuschuss für 2016, 2017 und den Erlass einer Rückforderung sowie einen zusätzlichen Betrag.

Eine schriftliche Rückmeldung hat Marika Mund bisher nicht erhalten. Auf Volksstimme-Nachfrage heißt es aus dem Rathaus, es würde dazu keine Vorlage im Stadtrat geben. Die Verwaltung müsste aus verschiedenen Gründen die Ablehnung empfehlen. Es gebe „verschiedenste Auffälligkeiten im vorlegten Zahlenwerk“, sagt Pressesprecher Armin Fischbach.

„Wir haben uns nackig gemacht“, sagt Marika Mund. Man habe der Stadt Stendal alle Zahlen vorgelegt. Diese seien außerdem von einem Steuerprüfer und der Hausbank geprüft und für in Ordnung befunden worden. Die Stadt lässt indes durchblicken, dass der Färberhof wohl mit keiner neuen Zahlung rechnen kann.

Marika Mund gibt zu, dass das Vorgehen der Stadt rechtlich durch das Gesetz gedeckt sei. Gleichwohl halte sie es für unfair. Es geht dabei im Kern darum, dass die Kita in den vergangenen Jahren auf Grundlage des Basisjahres 2016 finanziert wurde, weil es danach keine vertragliche Einigung gegeben hatte. Obwohl die Kosten in den Folgejahren gestiegen waren, blieb der öffentlichen Zuschuss konstant.

„Juristische Verfahren sind da langwierig“, sagt Mund. Das Gesetz sehe zwar vor, dass eine Schiedsstelle „unverzüglich“ zu entscheiden habe. Dies dauere dann aber schon mal 20-22 Monate. Beim Land liegen Dutzende Schiedsfälle vor – zumeist von privaten Einrichtungen.

Es gebe einen Träger aus Halle, der habe zweieinhalb Jahre nach der Insolvenz vor Gericht Recht bekommen und das Geld nachgezahlt bekommen. „Das bringt dann aber auch nichts mehr“, sagt sie. „Wir liegen bei unseren Kosten im Durchschnitt“, betont Mund. „Wir sind nicht zu teuer.“ Es gebe auch keine Planungs- oder Managementfehler.

Sie habe seit Anfang des Jahres mit Vertretern der Stadt verhandelt, sagt Mund. Man habe alles vorgelegt. Seit Mitte Oktober würden nun erneut Anträge vorliegen. Eine Antwort gab es noch nicht, sagt sie.

Sie habe die Stadt gebeten, die Stadträte mit Unterlagen und auch der Einladung für ihre Krisensitzung zu versorgen. Dies war trotz Zusage nicht erfolgt, wie Mund sich ärgert. Nur zwei Stadträte waren Mittwoch dabei. Sie hatten aus der Zeitung davon erfahren. „Es ist uns ein Fehler unterlaufen“, heißt es aus dem Rathaus. Das Büro des Oberbürgermeisters sei durch Wahlvorbereitungen und krankheitsbedingten Ausfall „enorm belastet“.

Für Marika Mund passt es indes ins Bild. Sie hat nicht das Gefühl, dass man sie und ihre Einrichtung in den vergangenen 15 Jahren wirklich gewollt und unterstützt habe. Dabei sei aus dem einstmals leerstehende Gebäude an der Hohen Bude eine Vorzeigeeinrichtung und Anlaufstelle für Jung und Alt geworden. Es seien insgesamt 2,76 Millionen Euro „für die Stadt“ investiert worden, ohne dass der Stadt dies etwas gekostet habe. Man habe die Stadt bei der Pflichtaufgabe der Kinderbetreuung unterstützt.