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Kirche Neuer Pfarrer mit Stendal-Genen

Markus Schütte wird neuer Pfarrer in Stendal. Zur Stadt hat er schon einen ganz besonderen Bezug.

Von Nora Knappe 14.06.2020, 07:00

Stendal l Als Seelsorger wird Markus Schütte ganz gewiss auch eine eher stille, zurückhaltende Seite haben. Beim Telefonat mit ihm weht aber erst mal seine direkte, einnehmende Verve durch den Hörer – mit starkem brandenburgischen Akzent. Der erste Eindruck, wie gesagt. Wie er sonst so ist? Das muss dann jeder, der ihm begegnet, selbst entscheiden.

Für ihn entschieden haben sich jedenfalls die Gemeindekirchenräte der Evangelischen Stadtgemeinde Stendal und aus Bindfelde. Sie haben Ende Mai mehrheitlich Markus Schütte gewählt, nachdem er und ein weiterer Kandidat sich in Bewerbungsgottesdiensten in Stendal vorgestellt hatten.

Und offenbar gab es eine wirkliche Wahlmöglichkeit: „Beide Kandidaten waren sehr unterschiedlich von ihrem Temperament und Wesen her, zwischen theologischer Tiefe und Lebendigkeit“, meint Superintendent Michael Kleemann, während Stendals Gemeindekirchenratsvorsitzender Detlef Frobel diese Unterschiedlichkeit insbesondere in „ihrer Frömmigkeit und christlichen Prägung“ empfand. Das Wahlergebnis sei letztlich eindeutig gewesen.

Nun also Markus Schütte. Die biografischen Zuschreibungen in Kürze: vor fast 52 Jahren in Brandenburg/Havel geboren; erst Ausbildung zum Krankenpfleger, dann, Wende sei Dank, Abitur auf der Abendschule nachgeholt und Theologie studiert; war Stadtkirchenpfarrer in Potsdam und Schulpfarrer in Neuruppin; ist zum zweiten Mal verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder sowie eine zehnjährige Tochter und einen vierjährigen Sohn; seine Frau Dr. Cora Schütte ist Astrophysikerin, möchte aber hier in der kirchlichen Arbeit mit Familien und Kindern wirken.

Leicht war es offenbar nicht, einen Bewerber für die Pfarrstelle in Stendal zu finden – sie wurde wiederholt ausgeschrieben, als Nachfolge für das Pfarrerehepaar Daniela und Matthias Schröder. An Stendal an sich kann es eigentlich nicht gelegen haben, wenn man Markus Schütte nun so schwärmen hört: „Wir freuen uns sehr auf die Stadt mit ihrer Hansegeschichte, auf die Gemeinde, die Menschen, die wunderbaren Kirchen, die Backsteingotik. Es gibt ein Theater, Musikschulen, den Stadtsee, einen Tierpark...“

Nach seinem Bewerbungsgottesdienst hat er auch schon einige Gemeindemitglieder kurz kennengelernt. Wenn er dann hier ist, will er sich erst einmal „alles anhören und ein Gefühl dafür entwickeln, welche Wünsche und Erwartungen es gibt und was davon leistbar ist. Und ich selber habe auch Ideen.“ Die Musik ist Markus Schütte wichtig, Abendgottesdienste könnte er sich vorstellen und vor allem mehr digitale Formate, um die jüngeren Generationen besser zu erreichen. Gewöhnen müssen werde er sich an die „viel größeren Strukturen“ in der Stendaler Stadtgemeinde: „Viele Orte, viele Mitarbeiter.“

Just vor einer Woche war er nochmals hier. Schon die Anfahrt hat ihm wohlgetan: „Als ich über die Elbebrücke kam und dann die Stendaler Kirchtürme sah, da merkte ich: Es bewegt sich was in mir, es fühlt sich gut an. Stendal grüßt mich.“

Persönlich grüßen kann man Markus Schütte wohl ab Ende August, dann will die Familie herziehen. Und Anfang September wird er seinen Dienst beginnen. Zum Abschluss unseres Telefonats wiederholt er sich dezidiert: „Das Wichtigste ist: Wir freuen uns!“

Und wem es beim Warmwerden mit dem Neuen hilft: Markus Schütte ist zwar gebürtiger und inniger Brandenburger – aber einer mit altmärkischen Familienwurzeln. „Mein Großvater väterlicherseits stammt aus Stendal.“

Noch aber ist Markus Schütte Pfarrer in Velten, einer 12 000-Seelen-Gemeinde nahe Oranienburg. Bei aller Vorfreude: „Es fällt mir auch schwer, hier wegzugehen, es wird eine schmerzhafte Abschiedstour. In jedem Pfarramt lässt man Menschen zurück, und die sind mir hier sehr ans Herz gewachsen.“ Er möchte in Velten nicht den Eindruck erwecken von wegen: „Ah, er verlässt das sinkende Schiff.“ Damit spielt er auf, gelinde gesagt, schwierige politische Strukturen im Ort an. Schütte positioniert sich: gegen Diskriminierung, gegen Rechtsradikalismus, gegen Fremdenfeindlichkeit. „Als Kirche haben wir die Verpflichtung, uns in bestimmten gesellschaftlichen Situationen klar zu Wort zu melden. Auch wenn das nicht alle gut finden.“