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Kirchenmusik Geistlicher Neustart für die Musik

Kirchliche Konzerte sind momentan noch verboten. Alternativ bieten viele Kirchengemeinden nun musikalische Andachten an.

Von David Boos 14.05.2020, 11:00

Tangermünde/Stendal l Von der Schlossanlage über das gotische Rathaus bis hin zur historischen Altstadt: Touristen in Tangermünde bekommen einiges geboten. Einer der Höhepunkte ist die Kirche St. Stephan und die darin befindliche Orgel von Hans Scherer dem Jüngeren aus dem Jahr 1624.

Wöchentlich fanden zu normalen Zeiten halbstündige „Orgelmusiken“ statt, die zu einem festen Bestandteil eines jeden Besuchs in Tangermünde wurden. Doch Corona wirbelte auch die Planung für diesen Fixpunkt im Tangermünder Veranstaltungs- kalender gehörig durcheinander.

„Für lange Zeit war überhaupt nicht deutlich, ob heuer überhaupt noch Konzerte stattfinden können“, so Kantorin Olga Minkina. „Als dann die ersten Lockerungen kamen“ und „Gottesdienste unter Auflagen wieder erlaubt wurden“, wuchs das Bedürfnis, um „auch musikalisch wieder ein Lebenszeichen“ zu setzen.

Herkömmliche Konzerte waren aber gemäß der Auflagen nicht möglich, und so nahm Minkina einen Impuls des Stendaler Superintendenten Michael Kleemann auf, um „Orgelandachten als kirchliche Veranstaltungen wie Gottesdienste zu behandeln“. Das bedeutete neben der Einhaltung der gängigen Vorsichtsmaßnahmen auch, dass die musikalischen Andachten maximal 30 Minuten dauern dürfen und von einem „kurzen geistlichen Wort“ begleitet werden müssen. So entstand kurzerhand die Idee, die bisherigen Orgelmusiken um eine halbe Stunde auf 17 Uhr zu verschieben und sie kurzerhand in Orgelvespern umzutaufen.

Der Tangermünder Pfarrer Jürgen Weinert begrüßt diese Idee. Zu Beginn der Orgelmusiken in den 90er Jahren, gab es ein ganz ähnliches Modell. Für den Geistlichen handelt es sich hier um eine begrüßenswerte „Renaissance alter Traditionen“, bei der neben dem Pfarrer auch einige der Kirchenältesten ein geistliches Wort beisteuern.

Noch unkomplizierter gestaltet sich die Situation in St. Marien in Stendal, denn die dortigen Orgelandachten entsprachen schon immer genau diesem Modell. „Die Sommerkonzert-serie wird leider ausfallen“, sagt Domkantor Johannes Schymalla, „aber die Orgelandachten passen bestens in das Konzept“. Am 16. Mai um 11 Uhr erfolgt nun der Startschuss zur diesjährigen Reihe, diesmal mit Musik von Bach an der Stendaler Scherer-Orgel. Schymalla ist dabei selbst an der Orgel zu hören, der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates der Stadtgemeinde Stendal, Detlef Frobel, sorgt für das geistliche Wort zum Geleit.

Bis zum Beginn des Kreveser Orgelsommers dauert es zwar noch ein paar Wochen, doch Kreiskantor Friedemann Lessing ist guter Dinge, dass die Konzerte auf die eine oder andere Art und Weise stattfinden werden. „Womöglich werden die Auflagen bis dahin noch einmal gelockert“, so Lessing. Aber selbst wenn nicht sei man bereit. „Dann kürzt man das Ganze ein wenig“, und wenn es nötig wird, könne man „noch immer ein geistliches Wort“ hinzufügen. Die Kreveser Konzerte finden ab Juni jeweils am ersten Sonnabend des Monats statt. Über die Möglichkeit eines Livestreams ist noch nicht entschieden.

Weiter ist da schon Tilman Frieser, Kantor in Tangerhütte. Nachdem die Online-Gottesdienste des Offenen Kanals Stendal ausgestrahlt wurden, entschloss Frieser kurzerhand: „Das kann ich auch“. Seit mehreren Wochen stellt der rührige Kantor eigens produzierte „Online-Andachten“ ins Netz, mit denen er mittlerweile einen nicht unbeträchtlichen Teil seiner Gemeinde erreicht. Die Resonanz sei äußerst positiv, ebenso auf die von ihm ins Leben gerufene „Musik und Andacht zur Wochenmitte“, bei der im Wochenrhythmus musikalische Andachten in wechselnden Kirchen seines Pfarrbereiches stattfinden.