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Umbenennung Kohl-Straße nicht auf dem Plan

Der Stendaler Stadtrat ist geteilter Meinung, ob eine Straße nach Helmut Kohl benannt werden soll.

Von Thomas Pusch 01.07.2017, 01:01

Stendal l Mehrere Male war der am 16. Juni verstorbene ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) in Stendal. Das Foto eines seiner Auftritte in der Stadt wurde zur Bundestagswahl 1994 sogar“ zu einem Wahlplakat. Seinen letzten Auftritt auf dem Marktplatz hatte er am 22. April 1998, rund fünf Monate später war er nicht mehr Kanzler.

Die CDU Sachsen-Anhalt hat angeregt, Straßen oder Plätze im Bundesland nach dem „Kanzler der Einheit“ zu benennen. Im Stendaler Stadtrat ist man geteilter Meinung. Hardy Peter Güssau (CDU) trat unter anderem wegen des Wirkens Helmut Kohls in den Jahren 1989 und 1990 in die CDU ein. Von einer sofortigen Umbenennung einer Straße oder eines Platzes hält er allerdings nicht viel. „Ich könnte mir aber vorstellen, dem Flugplatz Borstel, wenn Stendal an die A 14 angebunden ist, den Namenszusatz ,Helmut Kohl – Kanzler der deutschen Einheit‘ zu verleihen“, sagte er im Gespräch mit der Volksstimme.

„Eine Willy-Brandt-Straße haben wir nicht, oder“, reagierte Herbert Wollmann (SPD) mit einer Gegenfrage. Auch Konrad-Adenauer werde noch nicht gewürdigt. „Helmut Schmidt fehlt dann noch in der Reihe, diese vier Bundeskanzler halte ich für gleichwertig, vielleicht kann man da eine gemeinsame Lösung finden“, meinte er. Auf der anderen Seite müsse auch an die Anwohner gedacht werden, für sie bedeute die Umbenennung einer Straße immer auch ein Problem.

Auch Marcus Faber (FDP) hat bei der Frage nach einer möglichen Helmut-Kohl-Straße einen anderen Politiker im Kopf. „Wenn Helmut Kohl geehrt wird, sollte Hans-Dietrich Genscher es auch werden, schließlich haben beide eng zusammengearbeitet“, begründete er.

Joachim Röxe (Die Linke) erkennt die Verdienste Kohls an, maßgeblich habe er die Wiederherstellung der deutschen Einheit geprägt, die Gunst der Stunde genutzt. Allerdings sei das nicht alles. In seine Verantwortung fallen auch die Spendenaffäre und „das Plattmachen vieler Betriebe durch die Treuhand“. Beide Seiten sollten betrachtet werden. Matthias Büttner (AfD) ist bei dem Thema recht leidenschaftslos: „Ich bin kein Befürworter, würde mich aber auch nicht wehren.“

Im Gespräch mit Pressesprecher Klaus Ortmann fand Journalist André Wannewitz heraus, dass der Abschnitt der Stadtseeallee zwischen Westwall und Moltkestraße am leichtesten umzubenennen wäre. Dort gibt es nur eine Firmenadresse, wo einst die SED-Kreisleitung saß. Für Wannewitz, der den Umbenennungsgedanken noch vor der Landes-CDU an die Stadt herangetragen hat, wäre das „späte Gerchtigkeit“. „Von der SED Kreisleitung wurde ich zu DDR-Zeiten jahrelang schikaniert und an der Umsetzung meiner beruflichen Pläne gehindert, Journalist bei der Volksstimme zu werden“, schilderte er. Doch noch hat niemand konkrete Umbenennungspläne – weder die Stadtverwaltung noch der Stadtrat.