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Krankheit Wenn der Zucker Ärger macht

Wer an Fructose-Unverträglichkeit leidet, hat oft mit Symptomen zu kämpfen, die Ärzte falsch interpretieren. Eine Stendalerin erzählt.

Von Anastasia Hartleib 25.08.2018, 13:30

Stendal l Dass Melanie Lemme unter einer Fructose-Intoleranz leidet, weiß die 36-jährige Stendalerin seit knapp zwei Jahren. Unter den Symptomen dieser Unverträglichkeit leidet sie allerdings schon seit ihrem siebten Lebensjahr. Ihre Tochter leidet ebenfalls unter der Intoleranz und hat oft mit Unverständnis zu kämpfen. „Ihre Lehrer beispielsweise nehmen sie oftmals gar nicht ernst und zweifeln an, dass sie wieder unter den Bauchschmerzen leidet“, sagt Lemme. Obwohl immer häufiger Unverträglichkeiten diagnostiziert werden, sei das Bewusstsein darüber noch nicht wirklich vorhanden.

Erst nachdem Lemme selbst im Internet recherchierte und ihren Arzt bat, sie auf eine mögliche Fructose-Unverträglichkeit zu testen, erhielt die Stendalerin Gewissheit. Nach der Diagnose wurde es für sie jedoch nicht unbedingt leichter: „Ich weiß nie genau: Was darf ich jetzt essen und was nicht? Aus den Inhaltsstoffe-Angaben auf Lebensmitteln wird man oftmals gar nicht schlau. In wirklich vielen Lebensmitteln ist Zucker drin und wenn nicht, meistens irgendein Ersatzstoff. Da ich berufstätig bin, fehlt mir auch einfach die Zeit, mich genügend damit auseinander zu setzen und dann auch noch zu kochen.“

Wie Christiane Osterburg erzählt, kommt man um eine Ernährungsumstellung jedoch nicht herum. Die Ernährungsberaterin betreut auch Melanie Lemme. Wie viele Kunden mit Fructose-Unverträglichkeit zu ihrer Beratung kommen, kann sie nicht genau beantworten, da eine Diagnose ohne entsprechende Tests nicht möglich ist. „Aber im Schnitt reagiert jeder Vierte bei mir auf dieselben Symptome.“

Fructose ist – neben Glucose – einer der Bestandteile von Zucker und daher in vielen Lebensmitteln vorhanden. Bei einer Unverträglichkeit kann der Körper den Fruchtzucker nicht richtig abbauen. Die Folge: Nach einer zuckerhaltigen Mahlzeit leiden die Betroffenen unter Bauchschmerzen (meist im Unterbauch), Krämpfen, Übelkeit, Völlegefühl, laut hörbaren Darmgeräuschen, plötzlichem Stuhldrang oder Verstopfung. Bei jedem Zweiten treten Blähungen und Durchfall auf. Bei Melanie Lemme waren die Schmerzen auch schon so stark, dass sie ins Krankenhaus musste. „Rausgefunden hat da aber niemand was“, sagt sie.

Wie Dr. Ricarda Schwarz von der Uniklinik Tübingen erklärt, ähneln die Symptome stark denen eines Reizdarms, weshalb es oft zu einer fälschlichen Diagnose komme. Langfristig kann die Fructose-Intoleranz auch zu Folsäure- und Zinkmangel führen, die wiederum zu Blutarmut und häufigen Infekten führen kann. Auch Depressionen können durch die Unverträglichkeit ausgelöst werden.

Laut Christiane Osterburg liegt die Intoleranz jedoch nicht an der Fructose selbst, sondern daran, wie der Bestandteil gebunden und somit verdaut wird. „Für eine funktionierende Verdauung brauche ich Quell- und Ballaststoffe, die den Zucker aufnehmen“, sagt sie. Und die bekomme man nur, wenn man sich ausgewogen ernähre, auf Fast Food und vorgefertigte Lebensmittel verzichte.

Die Betroffenen müssen in der Regel jedoch nicht ein Leben lang mit ihren Beschwerden leben. Zwar gibt es Tabletten, mit denen eine alltägliche Nahrungsaufnahme gewährleistet werden soll, doch davon rät die Ernährungsberaterin ab. „In der Regel reichen zwei bis drei Monate einer speziellen Diät, bei der man weitestgehend auf Zucker verzichtet, danach kann man wieder normal essen. Es bietet sich jedoch an, seine Ernährung generell umzustellen, um einer eventuellen Intoleranz vorzubeugen“, so Osterburg.

 „Besonders auf Nahrungsmittel, die Invertzucker (auch Glucose-Fructose-Sirup, Anm. d. Red.) enthalten, sollte man verzichten, da diese einen hohen Fructose-Anteil besitzen.“ Dieser werde vor allem in fertigen Kuchen oder Bisquits verwendet. Nachdem Melanie Lemme mit besagten Tabletten ebenfalls schlechte Erfahrungen gemacht hat, scheint die Ernährungsumstellung nun ganz langsam anzuschlagen: „Ich ernähre mich mittlerweile komplett zuckerfrei. Manchmal läuft es wirklich gut, an anderen Tagen geht es mir dafür wieder schlechter. Es ist ein ziemliches Auf und Ab, aber im Großen und Ganzen würde ich sagen, ist es mit der Umstellung schon besser geworden.“