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Kreistag Vereidigung in einer Krisenzeit

Der 36-jährige Patrick Puhlmann (SPD) trat seinen Dienst als neuer Landrat im Landkreis Stendal an.

Von Bernd-Volker Brahms 20.03.2020, 00:01

Stendal l Er wolle keine umfassende Antrittsrede halten, sagte der neue Landrat Patrick Puhlmann (SPD), nachdem er gestern im Kreistag von der Kreistagsvorsitzenden Annegret Schwarz (CDU) für sein Amt vereidigt worden war. Bereits im Vorfeld der Sitzung hatten sich die Fraktionsvorsitzenden darüber verständigt, dass man angesichts der Corona-Krise und gewisser Sicherheitsbedenken das Programm der Sitzung schnell absolvieren wolle.

Zeit für eine Gratulationsrunde gab es dann aber doch noch. Die Fraktionsvorsitzenden Thomas Staudt (CDU), Katrin Kunert (Linke), Dietrich Gehlhar (AfD), Ralf Berlin (FDP/Grüne/Landwirte) sowie Nico Schulz (Pro Altmark) traten vor und machten ihre Aufwartung beim neuen Landrat, der dieses Amt für die kommenden sieben Jahre inne hat. Nico Schulz überreichte einen Blumenstrauß. Die Übrigen beließen es bei netten Worten, da sich angesichts der Corona-Umstände ein Handschlag verbot.

Durch die Vereidigung von Patrick Puhlmann ist dieser nun auch formal neuer Landrat des Landkreises Stendal, nachdem er im Dezember den Amtsinhaber Carsten Wulfänger (CDU) mit 70 Prozent in einer Stichwahl besiegt hatte. Der 36-Jährige, der nunmehr bundesweit einer der jüngsten Landräte ist, wollte dann aber doch noch wenigstens eine Kernbotschaft in seinen Antrittsworten an die Kreistagsmitglieder loswerden. Er wolle seinen Beitrag dazu leisten, dass „mit Vertrauen, Respekt und Klarheit eine konstruktive Arbeit“ möglich ist. „Manches wird erst einmal Ruckeln“, sagte Puhlmann. Allerdings ruckele es nun einmal, wenn ein Zug losrollt.

Patrick Puhlmann wollte die Sitzung, bei der die Besucher in den Hinterhof des Landtratsamtes verbannt worden waren und über Lautsprecher mithören konnten, nicht als historisch bezeichnen. „Es sind besondere Umständen“, sagte Puhlmann. Es habe zeitweise allerdings gar nicht festgestanden, dass die Sitzung überhaupt stattfinden könne. Allerdings hat die Landesregierung schon länger festgelegt, dass politische Gremien auch in der Corona-Krise tagen können. Gestern waren 34 der 48 Kreistagsmitglieder im großen Sitzungssal „Stendal“ im Landratsamt zusammengekommen. Nach nicht einmal einer Stunde war der öffentliche Teil der Sitzung abgearbeitet. Zu anderen Zeiten tagt der Kreistag gern auch mal vier Stunden.

Neben der Amtseinführung des neuen Landrates wurden zwei wichtige und kaum aufschiebbare Themen behandelt. Zum einen die Diskussion um das Havelberger Krankenhaus, dass zum Ende des Monats – ausgerechnet in der Corona-Krise schließen soll (siehe Beitag unten). Die Kreistagsvorsitzende las im öffentlichen Teil der Sitzung einen Antrag der Fraktion Die Linke vor, wo es um den Erhalt geht. Er wurde angenommen. Die AfD, die einen Rückkauf durch den Landkreis vorgeschlagen hatte, zog ihren Antrag zurück.

Entscheidungen mit größerer Tragweite wurden zur Abfallentsorgung getroffen. Zum einen ging es um die Neukalkulationen der Abfallgebühren der Jahre 2019 und 2020, zum anderen um eine Abstimmungsvereinbarung zur Leichtverpackung („Gelbe Tonne“).

Die Gebühren mussten neu kalkuliert werden, da ein Verwaltungsrichter im vergangenen Jahr etliche Gebührenbescheide aufgehoben hatte, weil er die Satzungen des Landkreises für rechtswidrig hielt. Mit den nun neu beschlossenen Kalkulationen sollen schon bald die Gebührenbescheide für 2019 und 2020 an die Bürger verschickt werden. Die Höhe der Gebühren bleiben weitgehend konstant, da die ALS Dienstleistungsgesellschaft insgesamt rund drei Millionen Euro aus einer Rücklage einbringt, die dann vollständig aufgebraucht ist.

Wenn man die Satzungen nun nicht beschlossen hätte, wären dem Landkreis Gebührengelder verlorengegangen, argumentierte der 1. Beigeordnete Denis Gruber (parteilos) die Eile. Der neue Landrat hatte wissen wollen, was passiere, wenn die Satzungen nicht jetzt beschlossen werden. Dem Landkreis ist nach Angaben von Gruber kein Schaden dadurch entstanden, dass über Jahre die Kleingärtner nicht ans System angeschlossen waren, wie es der Verwaltungsrichter bemängelt hatte. Unlängst hatte ein Berater des Landkreises im Ordnungsausschuss vorgerechnet, dass durch den Anschluss der Kleingärtner die ALS jährliche Mehreinnahmen von rund 56 000 Euro haben wird. Ein Einwohner hatte kritisiert, dass diese Einnahmen seit 2004 jährlich fehlten und summiert fast 900 000 Euro ausmachen.