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Wasserstandsmeldung Landkreis Stendal hält an der Schifffahrt auf der Elbe fest

Kann die Elbe für die Binnenschifffahrt genutzt werden? Die Mehrheit im Stendaler Kreistag findet ja und sagt nein zu einem Antrag der Linken, der die (fast) ganzjährige Schiffbarkeit des Flusses aus dem Landesentwicklungsplan streichen lassen sollte.

Von Andreas König 24.06.2021, 17:40
Die Elbe bei Neukirchen im Sommer 2020 ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. In den beiden Trockejahren 2018 und 2019 war das Flussbett an einigen Stellen sogar so asugetrocknet, dass man den ?Fluss? zu Fuß überqueren konnte.
Die Elbe bei Neukirchen im Sommer 2020 ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. In den beiden Trockejahren 2018 und 2019 war das Flussbett an einigen Stellen sogar so asugetrocknet, dass man den ?Fluss? zu Fuß überqueren konnte. Archivfoto: Karina Hoppe

Stendal - Eigentlich müsste es von Güterschiffen auf der Elbe nur so wimmeln. Die Kraftstoffpreise steigen, Umweltverträglichkeit ist ein gefragtes Kriterium beim Warentransport. Doch das Gegenteil ist der Fall. Schiffssichtungen, zumal von Transportschiffen, haben fast schon Seltenheitswert.

Die Linken-Fraktion im Kreistag möchte die angestrebte Fahrrinnentiefe der Elbe auf ein realistisches Niveau absenken. Im Landesentwicklungsplan und darauf aufbauend im Regionalen Entwicklungsplan ist noch von 1,60 Meter Fahrrinnentiefe an 345 Tagen im Jahr die Rede. „Das ist völlig unrealistisch“, sagt Helga Paschke von der Fraktion der Linken. Im seit 2017 gültigen Gesamtkonzept Elbe ist lediglich noch von 1,40 Meter die Rede.

Güterverkehr auf der Elbe geht zurück

Und selbst die scheinen nicht viel mehr als ein frommer Wunsch zu sein. Tatsächlich wurden die geforderten 1,40 Meter im Trockenjahr 2019 kaum erreicht. Das zeigt sich unter anderem am Rückgang der Gütertransporte per Binnenschifffahrt. Wurden im Jahr 2017 noch 6,8 Millionen Tonnen Güter auf den Flüssen Sachsen-Anhalts transportiert, sank der Wert im Rekord-Dürrejahr 2019 auf 5,7 Millionen Tonnen und im kaum weniger trockenen 2019 gar auf 5,6 Millionen Tonnen. Etwa erholt hat sich der Umschlag im vergangenen Jahr, als der Wert wieder auf 6,2 Millionen Tonnen anstieg. Der langjährige Trend zeigt eindeutig einen Rückgang sowohl der Fahrrinnentiefe als auch des Umschlags.

„Angesichts immer weiter sinkender Grundwasserspiegel dürfen die Flüsse, vor allem die Elbe, nicht weiter vertieft werden“, sagt Helga Paschke. Ihre Fraktion will ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren einleiten, mit dessen Hilfe der Landkreis Stendal von den aus ihrer Sicht nicht mehr erreichbaren 1,60 Meter Abstand nimmt.

Nico Schulz: „Wir sind für die Schiffbarkeit der Elbe“

Doch trotz einer geradezu beschwörenden Argumentation sprechen sich die meisten anderen Fraktionen gegen dieses Ansinnen aus. Da hilft auch die namentliche Abstimmung nichts.

„Wir sind für die Schiffbarkeit der Elbe und werden den Antrag daher ablehnen“, sagt beispielsweise Nico Schulz (Pro Altmark). „Aber Sie waren doch noch im letzten Umweltausschuss dafür“, insistiert Helga Paschke. Doch es bleibt dabei, der Antrag fällt durch.

„Dabei wäre es wichtig, dass sich unsere Region positioniert“, sagt die Linken-Politikerin. „Es gibt Bestrebungen aus Tschechien, die Fahrrinne sogar auf drei Meter zu vertiefen. Das aber wäre ohne Staustufen nicht machbar.“

BUND: Niedrige Pegel gefährden Trinkwasserversorgung

Während die Verhandlungen zwischen Deutschland und Tschechien noch laufen, ist das Absinken der Grundwasserspiegel bereits in vollem Gang. „Darin liegt die große Gefahr“, sagt Iris Brunar vom Elbeprojekt des BUND. „Unsere Flüsse speisen sich aus dm Grundwasser. Es drückt sozusagen von unten nach oben.“ Wenn nun die unterirdischen Grundwasserspiegel sinken, nimmt das Flusswasser den umgekehrten Weg. Es diffundiert in die Grundwasserleiter mit bislang unabsehbaren Folgen für die künftige Trinkwasserqualität.

„So gesehen ist das Problem der Schiffbarkeit der Elbe ein eher geringes“, sagt Iris Brunar.

Ob die Elbe überhaupt noch schiffbar sein wird und wenn ja, mit welcher Art von Wasserfahrzeugen, muss sich zeigen. „Es geht nicht, dass die Flüsse den Schiffen angepasst werden, sondern höchstens die Schiffe den Flüssen“, sagt Helga Paschke.

Fluss der Extreme: Beim Hochwasser 2013 war die Elbe ein kilometerbreiter,  reißender Strom, hier bei  Tangermünde.
Fluss der Extreme: Beim Hochwasser 2013 war die Elbe ein kilometerbreiter, reißender Strom, hier bei Tangermünde.
Archivfoto: Jürgen Lodders

Dass sich die Elbeschifffahrt auf dem Rückzug befindet, zeigen Beispiele aus den Nachbarländern. In Wittenberge muss der Hafenkran im Elbeport verkauft werden. Er sollte eins t Güter vom Schiff auf Straße und Schiene sowie umgekehrter Richtung umschlagen. Mangels Schiffsverkehrs sah sich die Stadt als Eigentümerin gezwungen, das millionenteure Spezialgerät zu verkaufen, und die Fördermittel zurückzuzahlen.

In Sachsen hat sich der Umschlag in den Häfen Dresden, Riesa, und Torgau fast halbiert. Container wurden nur noch in Riesa umgeschlagen.