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Landrat handelt Sonderkreistag in Stendal zu Müllgebühren

Nachdem ein erstes schriftliches Urteil des Verwaltungsgerichts im Stendaler Landratsamt eingetrudelt ist, herrscht Handlungsbedarf.

Von Bernd-Volker Brahms 04.10.2019, 01:01

Stendal l Nun sieht sich Landrat Carsten Wulfänger (CDU) doch zum Handeln in Sachen Müllgebühren veranlasst. Am Mittwochabend erhielten die Kreistagsmitglieder per E-Mail die Vorabinformation, dass er in Absprache mit der Kreistagsvorsitzenden Annegret Schwarz (CDU) für Donnerstag, den 17. Oktober, ab 18 Uhr eine Sondersitzung zum Thema Müllgebühren einberuft. Wie berichtet, sind zahlreiche Verfahren gegen Anschlusszwang und Müllgebühren am Verwaltungsgericht gegen den Landkreis entschieden worden.

Im Mittwoch war im Landratsamt, eine schriftliche Begründung zu einem der Urteile eingegangen – und hat ganz offensichtlich Wirkung gezeigt. Er halte es für notwendig, dass die „im Urteil genannten Sachverhalte“ diskutiert werden, ließ Wulfänger über die Leiterin seines Büros mitteilen. Dies gelte auch im Hinblick auf die von der Linken-Fraktion in den Kreistag eingebrachten Antrag, eine Sondersitzung einzuberufen, sobald die Urteile vorliegen.

Ein Antrag der AfD, schon in der Kreistagssitzung am 19. September zu handeln und neue Satzungen zur Müllentsorgung schnellstmöglich auf den Weg zu bringen, wurde von den übrigen Fraktionen geschlossen abgelehnt.

Aber was steht im Urteil drin? Auch die Volksstimme hat dieses vorliegen. Wie bereits ausführlich im Nachgang der mündlichen Verhandlung am Verwaltungsgericht am 15. August berichtet, hält der Verwaltungsrichter Niels Semmelhaack sowohl die Abfallentsorgungssatzung als auch die Abfallgebührensatzung des Landkreises für rechtswidrig.

Bei dem vorliegenden Fall geht es um den Gebührenbescheid, den die Frau des AfD-Kreistagsmitgliedes Dietrich Schultz am 29. März 2018 erhalten hat. Sie hat dagegen Widerspruch eingelegt – und bekam Mitte August vor Gericht Recht.

Richter Semmelhaack sieht einerseits sehr deutliche Defizite in der Gebührenkalkulation, anderseits sieht er den Gleichheitsgrundsatz, der bereits in Artikel 3 des Grundgesetzes festgeschrieben ist, verletzt.

Letzteres wurde missachtet, da der Landkreis Kleingärtner so gut wie gar nicht ans Abfallsystem angeschlossen hat, obwohl dies nicht nur laut eigener Satzung zwingend vorgeschrieben ist. Er könne keinen Grund feststellen, warum Kleingärtner im Landkreis Stendal draußen bleiben sollten. Auch widersprach er der mehrfach dargelegten Rechtsauffassung des Landkreises, dass es unerheblich sei, ob alle Anschlusspflichtigen angeschlossen sind. Wichtig sei, dass diejenigen, die das System nutzen auch bezahlen, hatte die vom Landkreis beauftragte Berliner Rechtsanwältin Carolin von Bechtolsheim in Ausschüssen und vor Gericht dargelegt.

Der Landkreis sei in der Vergangenheit auf dem Holzweg unterwegs gewesen, sagt der Magdeburger Rechtsanwalt Michael Moeskes, der das Ehepaar Schultz aus Jerchel und auch andere bei ihren Verfahren gegen den Landkreis unterstützte. Es seien nunmehr 13 Verfahren kostenpflichtig gegen den Landkreis entschieden worden. Nach den klaren Worten des Richters müssen nun auch die übrigen Bescheide im Landkreis aufgehoben werden, sagt Moeskes.

Bei der Kreistagssitzung am 17. Oktober sollen im Übrigen auch die langjährigen externen Berater des Landkreises zum Sachverhalt Rede und Antwort stehen.