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Ende der 1970er Jahre wurde an der Bahnhofstraße ein neues Intershop-Gebäude errichtet Mit Forumschecks zum Einkauf

Von Donald Lyko 13.06.2015, 03:15

Vor 25 Jahren, am 1.Juli 1990, wurde in Ostdeutschland die D-Mark eingeführt. Doch schon in den Jahrzehnten zuvor konnten DDR-Bürger mit Westgeld, eingetauscht in Forumschecks, einkaufen - in den Intershops. Auch in Stendal, wo Ende der 1970er Jahr nahe des Bahnhofes dafür sogar ein neues Gebäude errichtet wurde.

Stendal l Die Abteilung Territorialplanung des Rates der Stadt Stendal hatte die Vorlage erarbeitet, der Rat der Stadt gab am 11. November 1976 seine Zustimmung zum Beschluss 108/IV/76 - und damit zum Standort des Intershop-Neubaus an der Bahnhofstraße, zwischen ehemaliger Viehrampe und dem Parkplatz. Zu dieser Zeit gab es eine Intershop-Verkaufsstelle im Bahnhofsgebäude und eine im Bahnhofshotel. Nach Ansicht des Ministeriums für Außenwirtschaft reichten deren Kapazitäten aber nicht mehr aus. Darum plante das Ministerium "zur Steigerung der Valuta-Umsätze in der DDR für ausgewählte Kreise wichtige handelspolitische Investitionsvorhaben, unter anderem im Kreis Stendal", heißt es in der oben genannten Beschlussvorlage, die im Stendaler Stadtarchiv aufbewahrt wird.

In Stendal war zu dieser Zeit dem Mitropa-Betrieb die Aufgabe übertragen worden, neben der Versorgung der Reisenden in den Gaststättenräumen und an Verkaufsstellen den Intershop-Bereich zu betreuen. Die Verkaufsstelle im Bahnhof wurde von Reisenden und Kunden aus der gesamten Altmark sowie angrenzender Kreise des Bezirkes Magdeburg genutzt. Der Neubau wurde in den Jahren 1977 und 1978 in Angriff genommen, im Beschluss wurden 322000 DDR-Mark als Wertumfang der Investition festgelegt, davon 305000 DDR-Mark für den Bau.

Mit dem Umzug in den Neubau konnte die frühere Intershop-Verkaufsstelle im Bahnhofsgebäude wieder für die gastronomische Betreuung der Reisenden genutzt werden, aus der Verkaufsstelle im Bahnhofshotel wurde wieder das, was es eigentlich war: ein Hotelzimmer. Heute gibt es das Intershop-Gebäude nicht mehr, dort befindet sich jetzt der Parkplatz neben dem Busbahnhof. Mit dem Fall der Mauer und den neuen Einkaufsmöglichkeiten kam das Aus für die Intershops.

Die 1962 gegründete staatliche Handelsorganisation Intershop hatte anfangs die Transitreisenden und West-Besucher als Zielgruppe, Verkaufsstellen gab es meist an Grenzübergängen und in Interhotels. Im Intershop konnten Westbürger mit ihrer D-Mark bezahlen, Ostbürger ab 1974 mit konvertierbaren Währungen, also Devisen und Valuta. Ab 1979 mussten DDR-Bürger vor dem Einkauf die Valuta allerdings bei der Staatsbank in sogenannte Forumschecks umtauschen.

Im Angebot hatten die Intershops nicht nur Waren aus dem nichtsozialistischen Ausland, sondern auch vieles aus DDR-Produktion - was hierzulande oft nur als "Bückware" oder nur sehr teuer zu bekommen war. In Hochglanzbroschüren wurde die Waren beworben. In einem Heft "Unser Angebot" aus den 1970er Jahren - auch das ist im Stendaler Stadtarchiv zu finden - werden Gummibärchen von Harribo und Ferreros Mon cheri ebenso beworben wie Ananas in Scheiben, Dr. Oetkers Sahnesteif, Kaviar im 45-Gramm-Glas, Kölnisch Wasser oder Bac-Deo aus der Kosmetikabteilung - viele bunte Bilder sind in dem Heft zu finden, die erhältlichen Packungsgrößen - aber keine Preise. Große Werbeanzeigen gibt es unter anderem für Hochprozentiges vom VEB Weinbrand Wilthen, für den Stern-Rekorder aus dem Hause RFT und Damenstrumpfhosen vom VEB Strumpfkombinat ESDA Thalheim.

Haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, noch Fotos vom oder Erinnerungen an den Intershop in Stendal? Oder haben sie bei der Währungsumstellung am 1.Juli 1990 etwas Originelles erlebt? Dann schreiben Sie an die Volksstimme Stendal, Hallstraße 51, 39576 Stendal, E-Mail: redaktion.stendal@volksstimme.de.