1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Sonnenblick bleibt umstritten

Neubaugebiet Sonnenblick bleibt umstritten

Trotz Anwohnerklagen und ein laufendes Gerichtsverfahren - die Stadt Stendal will das Planverfahren für ein neues Baugebiet fortsetzen.

12.10.2019, 09:00

Stendal l Abseits des Trubels im Norden der Hansestadt soll ein Baugebiet entstehen. Am Ende der Sackgassen Thüringer Straße und Langobardenstraße – wo einst Grünflächen und Kleingärten waren – will die Stendaler Firma PUI GbR insgesamt 26 Wohneinheiten (WE) errichten. Laut der Entwurfsplanung des Investors für das 1,38 Hektar große Baugebiet „Zum Sonnenblick“ sollen drei Einfamilienhäuser, neun Doppelhäuser (18 WE) und ein Reihenhaus (5 WE) entstehen.

Der Stadtrat soll den Bebauungsplan, der seit Wochen für Schlagzeilen sorgt, weiter auf den Weg bringen und am Montag, 14. Oktober, in seiner Sitzung beschließen. Bislang haben sich dafür entschieden: der Stadtentwicklungsausschuss einstimmig und der Hauptausschuss mit knapper Mehrheit (4 x Ja, je 3 x Nein und Enthaltung). Zumindest wurde im Hauptausschuss deutlich, warum das Baugebiet „Zum Sonnenblick“ in Stendal  umstritten ist. Erneut beklagten Anwohner des benachbarten Baugebietes, dass sie die Erschließung von zwei schmalen Sackgassen aus für fragwürdig halten.

Am Ende der Thüringer Straße befindet sich eine Pumpstation, von der aus die Abwässer in der abschüssigen Straße hinauf zur Preußenstraße geleitet werden. Das angrenzende Baugebiet liegt dort bis zu vier Meter tiefer. „Wir wollen endlich Klarheit, wie hier ein Anschluss der Entsorgungsleitungen erfolgen soll“, sagt André Rauschenbach beim Besuch der Volksstimme vor Ort. Das Gleiche gelte für die Wasserleitung. Sie sei seit etwa 1934 nicht erneuert worden. „Womöglich reißt man die Anliegerstraße, die 2001 grundhaft ausgebaut wurde, wieder auf.“

Zudem bezweifeln Anwohner, dass die Straße wegen der geringen Breite und fehlenden Fußwegen als Zufahrt für das neue Wohngebiet überhaupt geeignet sei. Sie haben schon mehrfach die Erschließung von der gegenüberliegenden Seite, vom Osten über die Arneburger Straße, angeregt, doch eine Antwort nie bekommen. Es gehe den Anwohnern nicht um die Verhinderung der Wohnbebauung, sondern um „Aufklärung auf Augenhöhe“. Denn Vertrauen, dass die Stadt ihre Sorgen ernst nehme, hätten sie nicht. Klamm heimlich seien Bäume und Strauchwerk abgeholzt und Erde aufgefahren worden. „Und zu billig ist das Grundstück auch verkauft worden.“

Letzteres zu klären, dass ist immer noch Gegenstand eines Gerichtsverfahrens am Landgericht Stendal. Geprüft werden soll, ob die Stadt das Gelände möglicherweise unter Preis veräußert hat. So der Vorwurf der klagenden Firma Sewe, die als Kaufinteressent mehr geboten hatte, aber nicht zum Zuge gekommen war.

Wie berichtet, hatte die Stadt das Gelände – mit Stadtratsbeschluss – zu einem Quadratmeterpreis von rund 7,25 Euro an die Stendaler Firma Pui Gbr verkauft, obwohl der Bodenrichtwert bei 50 Euro liegt und offiziell vom Landesamt für Vermessung und Geoinformation so festgelegt worden war. Das Gericht gab ein Gutachten durch einen Sachverständigen in Auftrag. Mittlerweile soll es im Rathaus vorliegen, doch zum Inhalt gibt es mit dem Hinweis auf das laufende Verfahren keine Informationen.

Was die Erschließungsfrage betrifft, hat das Rathaus zumindest gegenüber der Volksstimme am gestrigen Freitag ihre Antwort mitgeteilt. Die Stadtverwaltung sehe keine andere Alternative als die Thüringer Straße und Langobardenstraße. Die Ost-Variante wäre „schlicht unwirtschaftlich“. Bei einer Erschließung über die Arneburger Straße oder den Langen Weg müssten völlig neue Straßen (samt Ver- und Entsorgungsleitungen, Strom etc.) hergestellt und Absprachen mit „Anliegern getroffen werden, die für die neue Straße ihre Immobilie beiseite schaffen müssten“. Die aktuelle Zufahrt von Osten her diene laut Stadtverwaltung lediglich als Provisorium für Baufahrzeuge, um die Langobarden- und die Thüringer Straße zu entlasten.

Unabhängig vom Gerichtsstreit und dem Unmut von Anwohnern will die Stadt das B-Planverfahren fortsetzen und benötigt dafür den Ratsbeschluss. Im nächsten Schritt würde der Plan erneut öffentlich ausgelegt und könnten wieder Einsprüche angezeigt werden.