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Literaturhilfswerk verschickte im Vorjahr 3500 Bücher in sechs Länder Prof. Hans-Jürgen Kaschade: Meine Kontakte sind erschöpft

Von Volker Langner 23.07.2011, 06:34

3500 Bücher brachte und versandte das Literaturhilfswerk im Vorjahr in sechs Staaten. Allein 12000 traten im Juni die Reise nach China an. Dennoch scheint die Zukunft des Hilfswerkes, das sich der Förderung der deutschen Sprache im Ausland verpflichtet fühlt, ungewiss.

Stendal. "Meine Kontakte sind erschöpft", erklärt Prof. Hans-Jürgen Kaschade, der mit seiner Stiftung die Buch-transporte ins Ausland finanziert und viele Kontakte dorthin knüpfte. In den 90er Jahren als Rektor der Fachhochschule Magdeburg-Stendal, später seine Verbindungen nutzend. "Jetzt bin ich seit zehn Jahren nicht mehr im Amt", gibt er zu bedenken. Seine Bande zu den Unis seien nicht mehr so eng, aber sie seien nun einmal "Multiplikatoren für den Bücherfluss" ins Ausland.

"Nur die Fachhochschule kann das Hilfswerk und die Bücher im Ausland vermarkten", pflichtet ihm Vorsitzender Klaus Domke bei. Beide bringen in diesem Zusammenhang Dekan Fritz-René Grabau ins Gespräch. Er sei bereit, seine Auslandskontakte für das Hilfswerk spielen zu lassen, erklärte er gestern auf Volksstimme-Nachfrage und merkte an: "Ich bin guten Mutes." Allerdings sei die deutsche Sprache schwerer zu vermitteln als noch vor 15 Jahren, also zu den Anfängen des Hilfswerkes, gab er zu bedenken. Eine Voraussetzung, um die Arbeit fortzuführen, sei die Lösung des Raumproblems, führte Grabau an. Der Stendaler Sitz des Literaturhilfswerkes in der Weberstraße ist beengt; der Stützpunkt in Walsrode wird abgerissen, so dass die Bücher im Herbst nach Stendal geholt werden müssten.

Kaschade macht aber klar: "Es bringt nichts, Bücher nur zu sammeln. Wir brauchen weiter Abnehmer dafür." Die gab es im Vorjahr. 3500 Bücher gingen nach Litauen, Polen, Russland, Tschechien, Rumänien, Peru. Und in diesem Jahr traten schon 12000 Bücher die Reise nach China an sowie weitere nach Litauen, Peru und Rumänien.

Damit sei das Literaturhilfswerk eine "Werbung für die deutsche Sprache, für Deutschland und für Stendal", so Domke. Der Bücherversand ist aber nur ein Standbein des Gremiums. Ein zweites bildet der Deutschunterricht und ein drittes die Büchertauschzentrale. So erteilte Erika Böhm im Winterhalbjahr 2009/2010 Sprachunterricht in Peru und im vergangenen August gemeinsam mit Hermine Kaschade in einer Sommerschule im rumänischen Suseava.

Die Tauschzentrale in der Weberstraße sei im Vorjahr gut frequentiert worden, schätzt das Hilfswerk ein. Es zählte 635 Besucher. Darunter auch ausländische Studenten, die in Stendal studieren und vielleicht einmal Kontakte zwischen dem Literaturhilfswerk und ihren Heimatländer knüpfen. Das hofft auch Kaschade, damit das Hilfswerk noch mindestens zehn Jahre leben kann. Weiter will er sich nicht aus dem Fenster lehnen. Er begründet: "China wird mittelfristig wegfallen. Das Land wird auf neue statt gebrauchte Bücher setzen und auch auf die Digitalisierung." Ein Weg, den wohl nicht nur das Reich der Mitte einschlagen dürfte.