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Prozess Vater will Sohn nicht belasten

Mit Canabis, Feinwaage und ca. 2.600 Portionstütchen wurde ein 22-Jähriger Stendaler im Auto erwischt. Außerdem stand er unter Drogen.

Von Wolfgang Biermann 21.05.2019, 23:01

Stendal l Der Prozess am Stendaler Amtsgericht gegen einen 22-jährigen Neu-Stendaler, der des Handels mit Rauschgift angeklagt ist, droht zu einer unendlichen Geschichte zu werden. Aus einem erwarteten Routineverfahren wird nach derzeitigem Stand ein Prozess mit mehreren Fortsetzungsterminen.

Sichtlich ungehalten reagierte der Vorsitzende Richter Rainer Mählenhoff vor kurzem auf die vom Verteidiger des 22-Jährigen vorgebrachte Erklärung „erst mal nichts“ sagen zu wollen und stattdessen seinen Vater als Entlastungszeugen ins Rennen zu schicken.

Der 72-Jährige erwies sich indes nach doppelter Zeugenbelehrung keine Angaben machen zu müssen, weil der Angeklagte sein Sohn ist und er sich zudem nicht selbst belasten müsse, nicht wirklich als Entlastungszeuge. Als Halter des Autos, in dem sein Sohn mit Drogen erwischt wurde, habe er als Sozialarbeiter zur Tatzeit oftmals Drogenhändler und Abhängige befördert.

Einer von denen könnte die Drogen nebst Zubehör im Auto deponiert haben. Wen er verdächtige, wolle er nicht sagen: „Datenschutz“. „Sie haben dazu kein Aussageverweigerungsrecht“, herrschte Richter Mählenhoff den Vater an.

Der Sohn wird von der Staatsanwaltschaft Neuruppin (Land Brandenburg) beschuldigt, als Fahrer eines Pkw VW Drogen transportiert zu haben, um damit zu dealen.

Bei einer Routinekontrolle fanden Polizisten am 4. November 2016 im brandenburgischen Oranienburg im Kofferraum des Wagens gut 200 Gramm Cannabis, dazu eine Feinwaage und 2600 Portionstütchen. Der 22-Jährige stand als Fahrer selbst unter Drogen, wie eine Blutentnahme zeigte.

Der bislang nicht vorbestrafte 22-Jährige äußerte sich nicht vor der Polizei. Zwei Beifahrer beteuerten, es seien nicht ihre Drogen. Für die Ermittler war klar, das ist kein Eigenbedarf, da handelt einer mit Drogen. Zumal der Angeklagte auch schon mehrfach mit Drogen auffällig geworden war.

Es wurde Anklage erhoben, die in Amtshilfe von der Staatsanwaltschaft Stendal vertreten wird. Üblicherweise kommt bei geständigen Ersttätern ein minderschwerer Fall in Betracht, das heißt aus einem Jahr Gefängnis als Mindeststrafe im Regelfall für Drogenhandel werden zumeist drei Monate, die in eine Geldstrafe umgewandelt werden.

Da der Angeklagte mauert, wollte das Gericht den sogleich Prozess vertagen und diverse Zeugen zu weiteren Terminen laden, ohne den vom Angeklagten mitgebrachten Vater als Zeugen zu hören. Der Verteidiger wollte daraufhin ein sogenanntes Rechtsgespräch mit Gericht und Staatsanwalt: „Worüber sollen wir reden, wenn ihr Mandant nichts sagt?“, kam es vom Staatsanwalt zurück. Ende Mai folgt nun der erste Fortsetzungstermin.