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Rettungshundestaffel Rettungshunde ohne Lizenz

Die Arbeit der Rettungshundestaffel (RHS) Sachsen-Anhalt Nord litt unter der Corona-Zwangspause.

Von David Boos 19.05.2020, 08:30

Bölsdorf l Neo ist elf Jahre alt. Für einen Hund ist das ein beträchtliches Alter. Dennoch leistet der Mischling bis heute unter Leitung seiner Trainerin einen wichtigen Beitrag: Neo ist Teil der Rettungshundestaffel Sachsen-Anhalt Nord (RHS), die Teil des Deutschen Rettungshundevereins (DRV) ist. Topfit und aufmerksam ist Neo. Sobald man ihm seine gelbe Weste anzieht, weiß er: Jetzt wird gearbeitet. Jetzt aber muss er sich gedulden, bis er zeigen kann, was in ihm steckt.

„Wir trainieren täglich mit unseren Hunden“, sagt Sandra Cario. Die Leiterin der RHS ist im Hauptberuf Erzieherin im Hort, die zeitlich intensive Arbeit für die RHS erfolgt in der Freizeit. Viele der Einsätze „finden in der Nacht statt“, so Cario. Diese Einsätze können dann schon mal mehrere Stunden dauern. Zwischen 40 und 60 Mal im Jahr ist die Staffel gefragt. „Sowohl im Landkreis, als auch darüber hinaus“, fügt die 27-jährige Cario hinzu. Die Hunde der RHS werden zur Suche vermisster Menschen eingesetzt, das Training umfasst Gehorsamsübungen und Anzeigen. Im Umgang mit der Leiterin und ihrem Stellvertreter wird schnell deutlich: Die Mitglieder der Rettungshundestaffel sind mit Leib und Seele bei der Sache.

Umso schmerzhafter, dass der Trainingsplatz wegen Corona seit dem 20. März geschlossen war. „Wir haben unseren Mitgliedern in dieser Periode Hausaufgaben mitgegeben“, erzählt Steven Gerisch. Der 22-jährige Rettungssanitäter ist stellvertretender Leiter der RHS sowie Erste-Hilfe-Ausbilder. „Die Mitglieder“, erzählt Gerisch, „filmen dann die Aufgaben und erhalten danach von den Trainern Rückmeldung.“ Selbstverständlich lasse sich nicht alles auf diese Art und Weise trainieren, fügt Cario hinzu. Da die Nutzung des Trainingsplatzes untersagt war, entstand ein Trainingsrückstand. Nun musste die anstehende Prüfung verschoben werden, denn Rettungshunde müssen alle zwei Jahre eine Prüfung über ihre Eignung ablegen. „Eine Art Hunde-TÜV“, wirft Gerisch lachend ein. Nun fehlt aber die Genehmigung, um an Rettungseinsätzen teilzunehmen.

Aufgrund der wichtigen Rolle der RHS plädiert auch Landrat Patrick Puhlmann (SPD) für eine „Anerkennung der Rettungshundearbeit“ wie sie auch dem Rettungsdienst und der Feuerwehr zukommt. „Das ist kein Hundesport, sondern Katastrophenschutz“, so der Landrat. Darum steht auch der Wiedereröffnung des Trainingsplatzes vorerst nichts mehr im Wege, wenngleich unter Einhaltung der Regel, dass nur fünf Personen gleichzeitig den Platz nützen dürfen.

Steven Gerisch zeigt sich erleichtert: „Da kann man zumindest wieder loslegen“. Sandra Cario hat bereits ein Konzept für die Nutzung. Die Mitglieder trainieren nun gestaffelt in Gruppen von fünf Personen für jeweils zwei Stunden. Insgesamt zählt die RHS 16 Mitglieder und zwölf Hunde, Verstärkung ist aber immer willkommen. Die Ausbildung der Hunde ist dabei an keine Rasse gebunden, es zählt lediglich die charakterliche Eignung des Tieres. „Freundlich und wesensfest muss der Hund sein“, erklärt Gerisch, „und auch der Hundeführer muss sich zu dieser Aufgabe berufen fühlen“. Besonders wichtig ist, dass „die Hunde dabei Spaß haben“. Ebenso heißt die RHS Mitglieder ohne eigenen Hund willkommen: Sowohl bei Übungen, als auch im Einsatz gilt es, weitere Aufgaben im Teamverband in Angriff zu nehmen.

Zwar hat der „selbstgebaute Trainingsplatz die Zwangspause gut überstanden“, so Cario, doch ein Sturmschaden muss nach wie vor behoben werden. Größere Sorgen bereitet der RHS momentan die finanzielle Situation. Die Arbeit der RHS finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Vor allem letztere werden durch öffentliche Präsentationen generiert, die nun ebenfalls seit März zum Erliegen kamen. Cario hofft, ab September wieder Präsentationen durchführen zu dürfen, doch setzen die Leiter der RHS bereits jetzt auf dringend benötigte finanzielle Unterstützung. Ein abschließender Aufruf von Cario richtet sich an Waldbesitzer „um der RHS Waldgrundstücke zu Trainingszwecken“ zur Verfügung zu stellen.

Zu guter letzt darf dann aber auch Neo endlich zeigen, was er kann. Mit wachem Blick hält er Ausschau nach einer zu rettenden Person. Cario bittet um Geduld mit ihm: „Nach der langen Pause könnte es nicht beim ersten Mal hinhauen“. Doch Neo weiß sie eines Besseren zu belehren: Wie ein Pfeil schießt er los, findet den am Boden liegenden Steven Gerisch und meistert seine Aufgabe mit Bravour. Die Belohnung folgt auf dem Fuße, Neo ist stolz wie Oskar und harrt seiner nächsten Aufgabe.

Für weitere Informationen besuchen sie:
https://drv-rhs-sachsenanhaltnord.jimdofree.com/