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Schweinepest Ausbruch nur noch eine Frage der Zeit?

Auch wenn es um das Thema Afrikanische Schweinepest etwas ruhig geworden ist - es ist allgegenwärtig, auch im Landkreis Stendal.

Von Egmar Gebert 11.04.2019, 17:09

Stendal l Erst China, dann Russland, später die baltischen Länder. Die afrikanische Schweinepest breitete sich mit den Jahren immer weiter Richtung Westen aus. 2017 dann die ersten Meldungen aus Polen und plötzlich waren auch Wildschweinbestände in Tschechien von der Seuche befallen, nur noch 300 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Die Aufregung war groß, ebbte aber genauso schnell wieder ab, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung.
Keineswegs sei das Thema deshalb vom Tisch, versichert Kreisjägermeister Günter Scheffler. Er teilt und unterstützt die Ansicht von Veterinären und Tierseuchen-Experten, dass es nicht um die Frage geht, ob die für Wildschweine in jedem Fall und auch für Hausschweine mit fast hundertprozentiger Sicherheit tödliche Seuche in Deutschland auftreten wird. Die Frage ist vielmehr, wann es geschehen wird.
Scheffler warnt daher eindringlich vor Nachlässigkeit, die es unter der Jägerschaft allerdings nicht gebe. Nach wie vor werden von jedem geschossenen Schwein Blutproben (Monitoring) und von jedem verendet gefundenen Wildschwein Tupferproben genommen, die auf das Schweinepest-Virus hin untersucht werden.
Der Kreisjägermeister nutzt die Gelegenheit für den Appell an jeden, der beim Waldspaziergang oder anderswo ein totes Wildschwein entdeckt: „Nicht näher herangehen, sondern umgehend den Jäger oder das Veterinäramt oder das örtliche Ordnungsamt informieren, die dann entsprechend reagieren.“
Auch wenn in Deutschland noch kein ASP-Fall aufgetreten ist – es sei dennoch brandaktuell. So hätte es ihn aufhorchen lassen, so Scheffler, als bekannt wurde, dass die Afrikanische Schweinepest im Süden Belgiens, nur noch 60 Kilometer von Deutschland entfernt, ausgebrochen ist, im Dreiländereck von Belgien, Luxemburg und Frankreich. Laut der Internetplattform agrarheute wurden bis zum  11. April dieses Jahres 723 von ASP befallene Wildschweine im Süden Belgiens registriert.
Das Problem sei, so der Kreisjägermeister, dass das Virus auch außerhalb des Körpers eines Wildschweins lange Zeit überleben könne. Kleinste Anhaftungen würden genügen, um die ASP über hunderte Kilometer zu verschleppen. Eine Distanz, die ein befallenes Wildschwein nie zurücklegen könnte, so Scheffler, der das auch begründen kann. Wildschweine hätten feste Einstandsgebiete, seien also standorttreu. Zum anderen würden von ASP befallene Wildschweine binnen kürzester Zeit verenden und schon aus diesem Grund keine großen Distanzen mehr zurücklegen können.
Da die Seuche ungeachtet dessen in riesigen Sprüngen verbreitet wird, bleibe als Überträger beziehungsweise Verbreiter der Afrikanischen Schweinepest nur der Mensch, für den die Tierseuche allerdings völlig ungefährlich sei.
Fahrzeuge und Kleidung mit geringsten Anhaftungen von ASP-Viren sind potenzielle Gefahrenträger. Auch durch Lebensmittel kann ASP in den Kreislauf der Natur zurückgelangen. Wursterzeugnisse, in denen Wildschweinfleisch aus gefährdeten Gebieten verarbeitet worden ist, noch bevor ein Befall mit ASP festgestellt wurde, können – achtlos weggeworfen und von Wildschweinen gefressen – das Virus verbreiten. Der Ausbruch der Seuche wäre vorprogrammiert.
Und dann? Es gibt dafür die entsprechenden Pläne und Szenarien, die auch bereits durchgespielt wurden.
Gesetzt den Fall, die ASP bricht aus, wird um den Ausbruchsherd, sprich den Fundort eines ASP-befallenen Tieres, im Radius von vier Kilometern ein Elektroschutzzaun gezogen, ähnlich den Elektroweidezäunen. Damit soll das Befallsgebiet abgeschottet, die weitere Verbreitung der Afrikanischen Schweinepest verhindert werden. Das Betreten dieser Zone wird untersagt.
Dass 25 Kilometer dieses Zauns auch in Sachsen-Anhalt vom Land angeschafft wurden und im ASP-Ausbruchsfall aufgestellt werden könnten, bestätigte gestern Sebastian Stoll, zweiter Beigeordneter des Stendaler Landrats. Auch, dass in Halle an der Saale Spezialcontainer für verendete Wildschweine bereitstehen, die bei Erfordernis in betroffene Gebiete gebracht werden, sei richtig. Darauf allein wolle sich der Landkreis allerdings nicht verlassen.
Während zum Aufbau des Sperrzauns Kräfte des Katastrophenschutzes herangezogen würden, stünden mehrere Unternehmen im Landkreis bereit, um mit Technik und/oder Containern zu unterstützen.
Als einer der Ersten übernahm der Landkreis Stendal vor Jahresfrist für die Jäger die Kosten der Untersuchung von Wildschweinen auf Trichinenbefall. Das tut er heute noch immer. Geschossen wird übrigens so viel Schwarzwild wie möglich, um den Bestand weitestmöglich, sprich um 70 Prozent, zu reduzieren.
Für jedes verendet gefundene und beprobte Wildschwein, das nicht durch Abschuss zu Tode kam, werden vom Land 50 Euro gezahlt. Entlang der Bundes- und Landesstraßen im Kreis wurden Abfallbehälter so gesichert, dass sie nicht von Tieren umgestoßen und nach Nahrung durchwühlt werden können.
Ob und wie Landwirte entschädigt würden, wenn sie in einer ASP-Sperrzone ihre Felder nicht bewirtschaften oder nicht ernten könnten, das sei allerdings noch nicht geklärt, räumt Sebastian Stoll ein.