1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Sein Zuhause ist die Musik

Vor fünf Jahren kam Johannes Schymalla als neuer Domkantor nach Stendal Sein Zuhause ist die Musik

Von Nora Knappe 24.09.2011, 06:24

Vor fünf Jahren trat Johannes Schymalla ins musikalische Leben Stendals. Als neuer Domkantor übernahm er einen Chor auf hohem Niveau. Die Arbeit mit den Sängern und für das altmärkische Publikum erfüllt ihn mit großer Freude.

Stendal. Grau und leer, so erschien ihm Stendal, als Johannes Schymalla das erste Mal hier war. Und auch seine künftige Wirkungsstätte strotzte nicht gerade vor Wärme zur Begrüßung des neuen Domkantors. "Minus ein Grad im Dom, das wirkte alles sehr ernüchternd." Aus dem äußerlich kühlen Empfang ist jedoch schnell eine innigliche Verbindung geworden.

Vor fünf Jahren übernahm Johannes Schymalla, damals gerade 29 Jahre alt, die Stelle des Domkantors. Im Herbst 2005 hatte er sein Studium der Schul- und Kirchenmusik in Lübeck beendet, im folgenden Winter war er schon zum Bewerbungsgespräch in Stendal eingeladen, musste vordirigieren und Orgel spielen. Auch auf andere Stellen hatte er sich beworben, Stendal aber bot eine A-Stelle, das qualitativ Höchste in Sachen Kirchenmusik. "Dass das gleich klappte, war aber sehr überraschend", sagt Schymalla, der immer wieder von dem "tollen Chor" schwärmt, den er damit übernahm. Der entsprach ganz seinen Erwartungen: "Ein Domchor, der Lust hat, über lange Strecken große Werke zu studieren." Zumal auf gutem Niveau. "Man muss bedenken, dass im Domchor zu sein wie ein Zweitjob ist. Dass es so ehrgeizige Menschen gibt, freut mich sehr und hat einen sympathischen Charme."

Große Bürde

Nachfolger eines langjährigen, hoch geschätzten Domkantors zu sein, war für den jungen Schymalla eine große Herausforderung. Sein vergleichsweise junges Alter, so sagt er, sei gar nicht mal problematisch gewesen. Schließlich hatte er, als er im Sommer 2006 in Stendal anfing, schon elf Jahre lang Chöre geleitet. "Kantor Lehmann hat hier auf hohem Niveau gearbeitet und bis zum Schluss alles gegeben. Da gab es an den Neuen natürlich große Erwartungen, da wird jeder Fehler registriert." Dass er diese Bürde abschütteln konnte, hat ihn befreit. Dazu beigetragen hat auch die erfolgreiche Aufführung seines ersten Oratoriums mit dem Domchor, kurz nachdem er seine Stelle angetreten hatte.

Erschien die Stadt ihm anfangs grau und leer, ist ihm Stendal mit seinen Bewohnern und all den Menschen, die er inzwischen persönlich kennt, schnell sehr sympathisch geworden. "Ich komme aus Berlin und weiß, wie hektisch es in einer Großstadt zugehen kann." Hier weiß Schymalla kurze Wege zu schätzen und dass er auf diesen kurzen Wegen Leute trifft, mit denen er noch schnell etwas besprechen kann. "Es ist eine schöne Konzentration, hier kann man in Ruhe arbeiten."

Ruhe findet er auch im Dom, der zwar bei seiner Frostigkeit im Winter geblieben ist, aber auch - das weiß Schymalla inzwischen nur zu gut - sehr viel Wärme ausstrahlen kann. Ist der Kantor morgens allein dort, genießt er die Atmosphäre im Hohen Chor. "Wenn die Sonne durch die farbigen Fenster scheint, sprechen die Bilder zu einem."

Neben allen bürokratischen und organisatorischen Aufgaben, die er als Domkantor zu erledigen hat, bleibt Schymalla in Stendal auch die Möglichkeit, eigene musikalische Spuren zu setzen. "Ich kann als Musiker wahrgenommen werden, habe Zeit zu üben und Kammerkonzerte mit meiner Frau einzustudieren." Gegen die Schwellenangst vieler Altmärker, eine Kirche zu betreten, kämpft er weiter mutig an - mit weltlicher und geistlicher Musik, mit dem Orgelsommer, mit Kinderchorprojekten...

Ein Idealfall

Auch wenn Johannes Schymalla mehr als oft im Dom anzutreffen ist - als zweites Zuhause würde er ihn wohl nicht betrachten. Sein Zuhause ist zu großen Teilen gewiss die Musik, aber auch seine kleine Familie. Das lässt sich sicher nicht immer klar voneinander trennen, ist er doch mit der Leiterin der Musik- und Kunstschule verheiratet. "Ein Idealfall, dass wir beide so tolle Stellen in derselben Stadt haben!" Und natürlich steht auch zu Hause ein Klavier, ach nein, zwei sind es mittlerweile. "Damit wir auch Stücke für zwei Klaviere gemeinsam spielen können", merkt Schymalla lachend an.

Musik hin oder her - Aufmerksamkeit verlangt seit anderthalb Jahren noch jemand anderes von Johannes Schymalla und seiner Frau Maike: Im Februar 2010 wurde Sohnemann Jakob geboren. Was es heißt, das Kind eines sehr musikalischen, sehr lebensfrohen und an der Welt und den Menschen interessierten Paares zu sein, durfte der Kleine schon so manches Mal miterleben. Einen Auftritt beim Sommerfest der Musikschule absolvierte er dieses Jahr bravourös, als Pirat verkleidet - genau wie Papa.

Und vielleicht wird es dem Sohn ja auch eines Tages so gehen wie dem Vater, dessen Brüder Klavier spielten. "Da hab ich angebissen", erinnert sich Johannes Schymalla. "Schon nach der zweiten Klavierstunde musste mir keiner mehr sagen, dass ich üben soll." Die klassische Musik hat ihn früh begeistert, dieses "wahnsinnige Spektrum an Klangwelten, da kann man einen Schatz aus vier Jahrhunderten finden".