Die 23-jährige Osterburgerin ärgert sich eigentlich nie - nur über die Holperei ihres Rollstuhls auf Sandwegen Sophia hat den Spitznamen "Sonnenschein"
Sophia Hentschel sitzt im Rollstuhl und ist geistig behindert. Ihre Eltern gehen selbstbewusst mit ihr in die Öffentlichkeit.
Stendal l Es holpert, unzählige Schlaglöcher auf der Straße. Da können wir Autofahrer schnell mal die Nerven verlieren. Und Sophia Hentschel ärgert sich richtig, wenn ihr Rollstuhl auf dem Gehweg durchgerüttelt wird. Jedesmal, wenn sie mit ihrer Fördergruppe einkaufen geht, ist sie auf Hilfe angewiesen. Dabei fährt sie ihren Rolli sonst ganz allein. "Der sandige Boden, Kieselsteine und die Übergänge zur Straße sind Gift für den Rolli", erklärt ihre Mama, Simone Hentschel, die selbst Schwierigkeiten hat, das Gefährt über den Gehweg zu schieben.
Dabei benötigen abgesenkte Bordsteine oder Fahrstühle nicht nur Rollstuhlfahrer. Auch mit Kinderwagen oder Koffern ist unser Ärger groß, wenn man die schweren Ungetüme Treppen hinaufhieven muss. Für uns sind diese Barrieren einfach nur lästig. Für Menschen wie Sophia sind diese Barrieren nur zu überwinden, wenn sie Hilfe bekommen. Nur mit Hilfe und Schüttelei kommt Sophia zum Supermarkt und kann ihren geliebten Joghurt kaufen.
Das ärgert sie. Dabei hat sie in ihrer Fördergruppe den Spitznamen "Sonnenschein". Erzieherin Ines Piek bringt es auf den Punkt: "Sophia ist immer gut gelaunt." Die 23-Jährige sitzt im Rollstuhl, denn seit ihrer Geburt ist sie geistig und körperlich behindert. Ihre Eltern haben gelernt, damit positiv umzugehen. "Wir gehen selbstbewusst mit ihr in die Öffentlichkeit", sagt ihre Mutter ganz selbstverständlich.
Essen gehen oder in den Urlaub fahren sind keine Tabus für die Famile. Sophia ist überall dabei. "Wir brauchen uns doch nicht zu verstecken." Die Integration ihrer Tochter läuft bei den Hentschels ganz nebenbei. Und negative Erfahrungen mit ihren Mitmenschen, die haben die Hentschels noch nicht gemacht. "Vielleicht hilft unser unbefangener Umgang mit der Behinderung unserer Tochter den anderen."
Für den heutigen Protesttag hat Simone Hentschel eigentlich keine Wünsche. Natürlich findet sie Integration wichtig. Doch als sie ein paar Sekunden über die Freizeit ihrer Tochter nachdenkt, fällt ihr ein kleines Manko ein: "Die Freizeitangebote sind dürftig. Sophia würde gern zum Jugendtreff gehen."