Stendaler Autorin Die Blindschreiberin

Annemarie Kock aus Stendal ist geburtsblind und schreibt Geschichten über ihren Alltag. Ihr Wunsch: dass ein Buch daraus wird.

Von Nora Knappe 05.06.2020, 09:00

Stendal l Für blinde Menschen sind Berührungen essenziell. Sie ertasten, wo sich Dinge befinden und wie Dinge aussehen, lesen mithilfe ihrer Fingerkuppen Bücher und Dokumente, lassen sich, am Ellenbogen untergehakt, von Sehenden führen. Wie soll das nun gehen, da das Coronavirus uns auferlegt, andere Menschen zu meiden oder ihnen nur mit Abstand zu begegnen und von anderen angefasste Dinge möglichst nicht zu berühren...?

Annemarie Kock, von Geburt an blind, ist da ganz direkt: „Es nervt halt. Was ich schade finde, ist das mit dem Händegeben, das fand ich immer schön. Ich konnte meine Freunde nicht sehen, mit meiner Mutter habe ich mich neulich über Videotelefonie unterhalten und mit einer Freundin am Telefon Kniffel gespielt. Ja, ich telefoniere jetzt noch viel mehr als vorher, das nervt irgendwann, ich möchte die Menschen auch umarmen.“

Die 33-jährige „halbe Rehabilitationspsychologin“, wie sie sich selbst wegen des noch fehlenden Masters nennt, leitet die Beratungsstelle „Blickpunkt Auge“ in Stendal-Stadtsee. Bevor das Büro wegen Corona geschlossen wurde, habe sie das Ganze gar nicht so ernstgenommen, „aber dann wurde es doch beängstigend, gleich bei uns nebenan wurde ja die Fieberambulanz eröffnet“. Und so ging sie dann auch nicht mehr so regelmäßig wie sonst einkaufen, sondern fragte öfter als sonst andere, ob sie das für sie erledigen. „Obwohl ich gern selbstbestimmt bin.“

Selbstbestimmt sein – dazu gehören viel Beharrlichkeit, Mut, Energie und Nervenstärke und wohl auch Humor und Gelassenheit, wenn man sich Alltagsdinge und Alltagstätigkeiten mangels Augenlicht anders aneignen und sie anders einüben muss als Sehende. Manchmal passieren Missgeschicke oder sehr skurrile Dinge, manchmal wird man gar nicht ernstgenommen. Manchmal ist aber auch einfach alles nur ganz normal – vor allem wenn es ums Seelenleben geht, um Gefühle, Wünsche, Sehnsüchte. Und über all das hat Annemarie Kock irgendwann angefangen zu schreiben. Eine Geschichte folgte auf die nächste.

Und Annemarie Kock gefiele es, wenn ihre Texte bald einmal als Buch veröffentlicht würden, nicht nur als E-Book, sondern auch gedruckt. „Damit man es anfassen kann.“

Den kompletten Artikel lesen Sie in der gedruckten Volksstimme vom 5. Mai 2020 oder im E-Paper.