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Trockenheit Es ist Ebbe in der Uchte

Normalerweise fließt die Uchte mindestens knöchelhoch durch Stendal. Jetzt liegt sie fast trocken. Grund zur Besorgnis?

Von Nora Knappe 23.07.2018, 01:01

Stendal l Noch fließt sie, die Uchte. Auch wenn es stellenweise aussieht, als stünde sie still. Kaum einen Zentimeter hoch scheint das Wasser mancherorts zu stehen, Minisandbänke treten hervor. Daher überrascht die Zahl des offiziellen Pegelstands: Steht der Wasserspiegel derzeit an der Messstelle Tornau bei nachvollziehbaren 5 Zentimetern, sind es in Stendal sage und schreibe 29. „Das entspricht nicht dem sichtbaren Wasserstand, sondern hängt mit der Pegeleinmessung zusammen“, versucht Hans-Jörg Steingraf eine Erhellung. Er ist Flussbereichsleiter Osterburg im Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW), in dessen Obhut auch die Uchte im Stendaler Stadtgebiet liegt.

Normalerweise liegt der so berechnete Wasserstand im Schnitt bei 40 bis 60 Zentimetern. Der höchste je gemessene Pegelstand lag übrigens bei 1,58 Meter in Stendal (an der Messstelle Goldbeck gar bei 1,86 Meter).

Pegelzahlen hin oder her – deutlicher wird die Lage, wenn man sich die Durchflussmenge anschaut. Die liegt normalerweise in Stendal im Mittel bei 0,466 Kubimetern pro Sekunde. Derzeit sind es 0,019 Kubikmeter. In Tornau ist es erstaunlicherweise sogar viel weniger: Hier wurden zuletzt 0,001 Kubikmeter gemessen, womit der jemals niedrigste gemessene Wert (0,005 m³ im August 1996) noch untertroffen wurde. In Stendal war damals in besagtem Monat sogar ganz Ebbe: 0,000 m³ wurden gemessen.

Solche Trockenheiten kommen also offensichtlich immer mal wieder vor. Gibt es dennoch Grund zur Besorgnis? „Es handelt sich hierbei um eine natürliche Extremsituation, die erheblichen Stress für die Flora und Fauna auslöst“, beantwortet Hans-Jörg Steingraf die Frage. „Durch die geringen Abflüsse in der Uchte und fehlendes Verdünnungswasser erhöhen sich die Konzentrationen der Wasser­inhaltsstoffe. Durch die anhaltende Hitze und dadurch verstärkte Stoff­umsetzungsprozesse im Gewässer verringert sich außerdem der Sauerstoffgehalt.“

Dieser Mangel wiederum könne Fischsterben hervorrufen. Ein akutes Fischsterben sei bislang jedoch nicht passiert, so Steingraf. Wie sich der Tier- und Pflanzenbestand insgesamt durch solch eine Lage ändert, könne erst „ein Vergleich der bisherigen biologischen Gewässeruntersuchungen mit den in den Folgejahren geplanten Untersuchungen“ zeigen.

Die Tiere jedoch wissen sich zu helfen, wandern in solchen Extremsituationen in Gewässerbereiche, in denen sie bessere Lebensbedingungen vorfinden: „Das sind zum Beispiel Bereiche mit höheren Wasserständen, Kolke, beschattete Gewässerabschnitte“, erklärt Steingraf. Fische würden bei ersten Anzeichen von Fischsterben abgefischt und in Gewässer mit besseren Bedingungen umgesetzt. „Durch Wasserentnahme mittels mobiler Pumpen und Rückleitung ins Gewässer kann Luftsauerstoff in das Wasser eingetragen und somit der Sauerstoffgehalt angehoben werden.“

Steingraf gibt in diesem Zusammenhang einen dringlichen Hinweis: „Sämtliche Entnahmen aus Fließgewässern sollten bei der derzeitigen Trockenheit eingestellt werden.“

Den Zustand der Uchte bei Stendal hat der LHW insbesondere im Blick, „die Stadt Stendal stellt für uns einen Kontrollschwerpunkt dar“. Dennoch können die Mitarbeiter nicht ständig hier sein, um beispielsweise zu entkrauten oder Müll aus dem Gewässer zu fischen. „Die Unterhaltung der Uchte organisiert der Flussbereich in Abhängigkeiten des Aufwuchses und des Bedarfes, wenn Ablagerungen in Form von Hausmüll gemeldet werden“, sagt Steingraf. Und schließlich sind es ganze 182 Kilometer Gewässer der ersten Ordnung, wie es im Amtsdeutsch heißt, die im Blick behalten werden sollen.

Pegelstand und Durchfluss der Uchte immerhin werden automatisch alle 15 Minuten gemessen und stehen im Internet.

Einzusehen sind die Pegelmessungen hier.