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Gericht Überfall wie im schlechten Krimi

Brutaler Raubzug im Stendaler Bahnhofsviertel endet in Sozialstunden und Haftstrafe. Verteidiger spricht von "Dumm und Dümmer im Raubfang"

Von Wolfgang Biermann 14.08.2020, 07:00

Stendal l Das Schöffengericht verurteilte wegen gemeinschaftlichen Raubes einen 32-Jährigen zu zwei Jahren und einen 51-Jährigen zu einem Jahr Gefängnis. Beide Strafen wurden für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Dazu muss der als Haupttäter geltende 32-Jährige 150 und der 51-Jährige 50 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten.

Zusammen hatten die beiden geständigen Angeklagten, am 7. September 2018 einen Stendaler in seiner Wohnung im Bahnhofsviertel nach gemeinsamen Alkoholkonsum gefesselt, geknebelt und seine Wohnung bis auf die Möbel ziemlich leergeräumt.

Trotz aller Tragik entbehrt das Ganze nicht einer gewissen Komik. Während es der eine auf die Pornofilmsammlung abgesehen hatte, interessierten den anderen vor allem die vielen Panzer- und Schiffsmodelle. Aber auch Bücher, Spiele, Digitalkamera, einen defekten Mini-PC und Dinge des alltäglichen Gebrauchs wie Besteckteile, leere Geldbörsen, Rucksack, TV-Kabel, Tischdeckchen und vieles mehr packte das Duo ein und transportierte es in einem eigens dazu mitgebrachten Bollerwagen ab.

Zur Aufteilung der Beute kam es alllerdings nicht. Stattdessen bekamen die Räuber Besuch von der Polizei, die ihnen das Diebesgut wieder abnahm. „Ich weiß auch nicht, warum ich das gemacht habe, es war ein großer Fehler. Es tut mir leid“, sagte der Haupttäter. Er gab zu den 51-Jährigen angestiftet zu haben.

Zusammen hatten sie das ihnen gut bekannte spätere Opfer besucht und sogar Bier dabei, „um einen auszugeben“. Als der arglose Mann auf Toilette ging, folgte ihm der 32-Jährige. Er zog sich eine Kapuze über und sagte: „Das ist jetzt ein Überfall.“ Er fesselte die Hände des sich kaum wehrenden Opfers mit mitgebrachten Kabelbindern hinter dem Rücken und verklebte ihm mit sogenannten Panzertape den Mund. Sodann sperrte er den Mann im Bad ein.

Nur durch Zufall fand die Mutter des Opfers am Tag danach ihren noch immer gefesselten Sohn. Beide Täter sind gemäß psychiatrischem Gutachten stark intelligenzgemindert und stehen unter Betreuung. Der Gutachter sprach ihnen aber volle Schuldfähigkeit zu.

„Man fühlt sich wie in einem schlechten Film“, sagte Oberstaatsanwältin Ramona Schlüter in ihrem Plädoyer. Raub ist laut Schlüter ein Verbrechen. Und darauf stünden ein bis 15 Jahre Gefängnis.

„Dumm und Dümmer auf Raubfang“, sagte selbst Verteidiger Sven K. Schneider, der die Strafe für den Haupttäter ins Ermessen des Gerichts stellte. „Die Angeklagten haben die Gastfreundschaft und das Vertrauen des Opfers missbraucht und sich nach ihrem Abzug keine Gedanken um sein Wohl gemacht – allerdings hier deutlich Reue gezeigt“, hieß es in der Urteils- begründung.