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Umweltschutz Droht Schottergärten in Stendal das Aus?

Kritiker bezeichnen sie als "Steinwüsten". Nun fordert eine Fraktion im Stendaler Stadtrat ein Verbot der Schottergärten.

Von Antonius Wollmann 07.10.2020, 03:00

Stendal l In seiner Freizeit ist Reiner Instenberg, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion SPD/FDP/Ortsteile im Stendaler Stadtrat, viel mit dem Fahrrad unterwegs – in der Kernstadt genauso wie in den Ortsteilen. Fast automatisch fällt der Blick das eine oder andere Mal in die Vorgärten der zahlreichen Eigenheime. Was dem Lokalpolitiker dabei in der vergangenen Zeit besonders aufgefallen ist: Schottergärten (siehe Infokasten) erfreuen sich offenbar bei Stendaler Hausbesitzern immer größerer Beliebtheit. Sogar in Kleingärten breiten sie sich aus.

Ein Trend, der Reiner Instenberg und seiner Fraktion überhaupt nicht gefällt. „Mit großer Sorge nehmen wir eine starke Zunahme von Stein- und Schottergärten in der Hansestadt Stendal war“, heißt es in einer entsprechenden Pressemitteilung.

Die Kritik speist sich dabei weniger aus ästhetischen Motiven als aus ökologischen. Schottergärten gelten als wenig umweltfreundlich. So gut wie gar nicht bepflanzt, bieten sie beispielsweise Insekten keinen Lebensraum. Darüber hinaus sei der Einfluss auf das Stadtklima nicht eben positiv, weil sie insbesondere im Sommer Wärme speichern und nicht zur Abkühlung beitragen. Deshalb appelliert die Fraktion SPD/FDP/Ortsteile an Stendaler und Stendalerinnen „auf Schottergärten zu verzichten.“ Doch nach den Vorstellungen Instenbergs könnte es noch weiter gehen. Dabei sieht er den Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) und die Stadtverwaltung in der Pflicht. Diese wird in der Stellungnahme aufgefordert „bei der Erarbeitung von neuen Bebauungsplänen ein Verbot von Schottergärten mit aufzunehmen.“ Bisher fänden die umstrittenen Gärten in den Satzungen der Hansestadt keine Erwähnung, teilt Stadtsprecher Armin Fischbach auf Anfrage der Volksstimme mit.

Da es sich um eine vergleichsweise neue Entwicklung handele, habe es aus Sicht der Stadtverwaltung bislang keiner direkten Regulierung bedurft.

Armin Fischbach bestätigt jedoch, dass es prinzipiell möglich ist, den Schottergärten einen Riegel vorzuschieben. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt. Die schreibt fest, dass Gemeinden örtliche Bauvorschriften erlassen können, „um den besonderen Charakter oder die Gestaltung des Ortsbildes und der Baukultur zu regeln.“

Allzu einfach dürfte ein Verbot aber nicht über die Bühne gehen. „Es müsste etwa bestimmt werden, ob mit einer etwaigen Gestaltungssatzung eine Störung der städtischen Gestaltung verhindert wird oder nicht“, nennt der Pressesprecher einen Grund. Ferner gelte es zu prüfen, ob von den Schottergärten wirklich vermeidbare Umweltschäden ausgehen. Aufgrund der Komplexität des Baurechts sei dies nur eine Auswahl von vielen Fallstricken, ergänzt Armin Fischbach.

Die Steinwüsten vor den Eigenheimen stoßen übrigens nicht nur Stendaler Lokalpolitikern böse auf. Vor einigen Wochen brachte in Salzwedel die Stadtratsfraktion Bündis 90/Die Grünen einen Antrag ein, Schottergärten auf öffentlichen Flächen zurückzubauen. In Möser (Jerichower Land) wurde ebenfalls eine entsprechende Änderung der Gestaltungssatzung diskutiert.

Andere Bundesländer sind da schon weiter. Baden-Württemberg hat Ende Juli dieses Jahres sein Landesnaturschutzgesetz geändert und Schottergärten auf privaten Grundstücken verboten. In Bremen hatte die Stadtbürgerschaft im Juli des vergangenen Jahres ein Verbot erlassen.