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Untergetaucht Erst Flucht, dann 15 Monate Haft

Ein 23-jähriger Vorbestrafter flüchtete in Stednal aus dem Gericht, nachdem er zu 15 Monaten Haft verurteilt war.

Von Wolfgang Biermann 10.09.2019, 23:01

Stendal l Gut acht Monate währte seine Flucht. Am Montag hat das Amtsgericht in Stendal einen bei einem Haftprüfungstermin am 22. November vorigen Jahres aus dem Gerichtsgebäude ausbebüxten, unter anderem wegen Raubes vorbestraften 23-Jährigen aus Stendal wegen versuchter räuberischer Erpressung zu 15 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt.

Am 1. August hatte sich der Gesuchte mit seinem Anwalt den Ermittlern gestellt. Sein Mandant habe einen Sinneswandel vollzogen, sagte sein Anwalt und forderte Bewährung, die ihm aber vom Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Petra Ludwig versagt wurde.

Hinter dem vom Verteidiger vorgebrachten Sinneswandel vermutet Richterin Ludwig eher den „hohen Fahndungsdruck“ und dass dem Angeklagten „die finanziellen Mittel ausgegangen“ seien. In dem Fall war einiges schiefgegangen.

Auf dem Weg in die Vorführzelle hatte der Angeklagte beim Haftprüfungstermin im Gericht einen günstigen Moment abgepasst und war in Handschellen aus dem Gebäude geflüchtet. Die ihn begleitenden Justizbeamten hatten keine Chance, dem wendigen und sportlich-agilen Flüchtigen zu folgen. Eine sofort eingeleitete Großfahndung der Polizei blieb erfolglos.

Später, das Datum ist nicht bekannt, passierte eine weitere Panne: Einer Polizeistreife gelang es, den 23-Jährigen und dessen ebenfalls flüchtigen älteren Bruder festzunehmen. Der Haftrichter (nicht vom Amtsgericht Stendal) ließ nur den älteren Bruder inhaftieren, der 23-Jährige durfte trotz Haftbefehls gehen. Und tauchte sofort wieder unter.

Worum ging es. Gemeinsam mit drei gesondert vom Landgericht schon im Juni verurteilten Mittätern wollte der geständige Angeklagte auf Bitten eines Bekannten eine Art Inkasso betreiben.

Unter Drohungen und mit Schlägen hatte das Quartett den angeblichen Schuldner am 18. Oktober vorigen Jahres im Wohngebiet Stadtsee zur Zahlung von 800 Euro „Strafgeld“ veranlassen wollen. „Rollkommandoartig“, wie es der Staatsanwalt nannte.

Dem vorausgegangen sein soll Wochen zuvor eine Schlägerei, bei der der Bekannte des Angeklagten angeblich zu Schaden gekommen sein soll. Der Stendaler versuchte über seine Mutter die 800 Euro zu beschaffen. Statt ihrem Sohn das Geld zu geben, informierte diese aber die Polizei.

Am vereinbarten Übergabeort wartete am 29. Oktober daher das Spezialeinsatzkommando (SEK) auf den Angeklagten und seine Komplizen. Zwei der vom Landgericht verurteilten Mittäter verbüßen derzeit schon ihre Haftstrafen.

Der dritte hatte Bewährung bekommen. Wie hinter vorgehaltener Hand zu erfahren war, erwartet den 23-Jährigen womöglich noch ein weiteres Verfahren – wegen Diebstahls der Handschellen in denen er geflüchtet war.