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Vereinsgründung Neues Leben für alte Obstsorten

Alte Obstsorten und die historischen Alleen erhalten: Dafür gründen zwei Altmärkerinnen einen Verein. Domizil ist auf dem Landgut Welle.

Von Nora Knappe 13.05.2018, 02:00

Stendal l Das, worum es ihnen geht, wächst gleich vor der Haustür: Ob nun in der westlichen Altmark in Kalbe oder in der östlichen in Welle – alte Obstbäume, die die Straßen säumen, die an Feldwegen Schatten spenden, auf Wiesen einen idyllischen Anblick schaffen sowie Vögeln und Insekten eine Nische bieten. Ruth Schwarzer und Brita von Götz-Mohr liegen diese alten Bäume am Herzen – nicht nur als landschaftsprägende Gewächse, sondern auch als regionstypische Nahrungsquelle. Nicht allen Bäumen geht es gut, viele einstige Alleen sind gar nur noch Fragmente. Und: Das Wissen über die Verwendung und Anforderungen der alten Apfel- und Birnensorten, aber auch von Pflaumen und Kirschen, droht verloren zu gehen.

All dies zusammengenommen hat den beiden Frauen den Impuls gegeben, sich zusammenzutun. Für den Erhalt der historischen Obstalleen, aber auch für die Pflanzung neuer Bäume alter Sorten und für die Weitergabe von Wissen wollen sie nun einen altmarkweit agierenden Verein gründen.

Die Fachfrau des Gartenbaus und die Gutsbesitzerin mit ökologischen Ambitionen teilen eine Leidenschaft fürs Obst – Ruth Schwarzer aus Kalbe ist zur Expertin für altmärkische Birnensorten geworden, Brita Götz-Mohr aus Welle hat in Hessen erlebt, welch große Rolle Obstbäume und deren Pflege spielen können. Die Apfel- und Birnenalleen zwischen Welle und Dahlen sind ihr ein stilles Mahnen an Wert und Vergänglichkeit solchen Schatzes.

Bei null fangen Schwarzer und Götz-Mohr nicht an. „Es gibt schon ein großes Netzwerk, aber wenn wir Fördermittel beantragen wollen, und das müssen wir auch, geht das als Verein leichter“, sagt Götz-Mohr. Ihre Mitstreiterin Schwarzer sieht zudem den Vorteil, dass man in dieser Form als Interessenvertreter besser agieren könne und stärker wahrgenommen werde.

Der Verein wird sein Domizil in Welle haben, wo es schon entsprechende Räume gibt. Dort könnten dann Weiterbildungen, Koch- und Backkurse stattfinden. „Wir haben hier auch einen Lagerkeller für Obst und einen historischen Backofen, also ideal“, meint Brita Götz-Mohr. Außerdem soll ein Sortengarten angelegt werden. Desgleichen im Altmarkkreis Salzwedel, wo es ebenso Veranstaltungen geben soll.

Und wer kann oder soll sich dem Verein anschließen? Schwarzer und Götz-Mohr fallen da viele ein: „Alle, die an ihrer altmärkischen Heimat interessiert sind...“ „...und an alten Obstsorten...“ „...die gern mit Obst kochen und backen oder es anderweitig verarbeiten, wie zum Beispiel in Brennereien...“ „...Leute auch, die sagen: Wenn ich wüsste, was ich machen kann, dann würde ich ja...“ „...und Leute, die bei sich gern einen Baum alter Sorte pflanzen und hegen möchten.“

Kurzum: Es soll ein Verbund Gleichgesinnter entstehen, der sich gegenseitig unterstützt, sich austauscht, Wissen über Pflück- und Genussreife, Lagerung und Verarbeitung weitergibt. „Denn wenn man dieses Wissen nicht hat“, so Schwarzer, „kann man ja auch nicht verstehen, warum die Alleen und Obstbaumwiesen erhalten bleiben sollen.“

Die Vision der beiden obstbegeisterten Vereinsgründerinnen ist noch viel weitschweifender, hat eine touristische Komponente: „Wie die Straße der Romanik könnte es einst eine Route der Obstbaum­alleen geben, die man erwandern oder erradeln kann“, sagt Brita Götz-Mohr. Ein verbindendes Band von Dorf zu Dorf, aber auch von der Altmark zu den Nachbarbundesländern.

Dafür wollen sie auch Partner auf höherer Ebene finden. Denn es gehe um die Gesamtheit der Kulturlandschaft. Und darum, „diese unvergleichliche Vielfalt zu erhalten, damit auch unsere Kinder und Kindeskinder noch dieses einzigartige Kulturgut erleben und nutzen können.“