Ehemalige Stendaler Bibliothekarin hielt Lesung über Herbst, Liebe und das Leben in Stendal Vom Gewitter am See zur Poesie
Im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche "Treffpunkt Bibliothek" präsentierte Lyrikerin Helga Schettge ihre langjährige Leidenschaft in der Stadtbibliothek.
Stendal l"Ist das schön, mal wieder in Stendal zu sein! Ich habe die E-Mail-Adresse von Petrus, und die Sonne scheint." Mit diesen Worten begrüßte Helga Schettge ihre Gäste. 2002 besuchte die Magdeburger Lyrikerin schon einmal die Hansestadt, in der sie 19 Jahre - von 1972 bis 1991 - gelebt und als Bibliothekarin gearbeitet hatte. Damals war es die sechste Lesung aus ihrem Werk "Robinienschnee". In dieser Woche war es bereits ihre 232. Lesung. Unter dem Motto "Der Herbst, er hat mich angestrahlt" las sie unter anderem aus ihrem Werk "Sommersonett".
Mindestens genauso schillernd wie Schettges Blazer, ist auch ihre Persönlichkeit. Es gab kaum ein Gesicht im Raum, das die in Magdeburg lebende Frohnatur nicht kannte. Herzlich und freudestrahlend begrüßte sie die Besucher. Zu Beginn scherzte Schettge über Otto Nawroki, der sich mit 80 Jahren noch der Leichtathletik verschrieb und mit 90 Jahren in Brasilien drei Medaillen gewann. "Auch wenn ich keine Sportskanone bin, macht es mich stolz, Otto zu kennen."
Obwohl Stendal nicht ihre Wahlheimat blieb und sie 1991 aus beruflichen Gründen nach Magdeburg zurückkehrte, wie sie erzählt, sei sie immer noch sehr eng mit der Stadt und den Menschen verbunden. "Ich habe hier so viele reizende Menschen kennengelernt." Den Kontakt pflegt sie bis heute: "Ich schreibe jeden Abend mindestens zwei Stunden lang Briefe."
"Mein erstes Gedicht ist zum Glück verschollen."
Ihre Liebe zur Lyrik entdeckte Schettge bereits im Alter von zehn Jahren. Damals schrieb sie ihr erstes Gedicht mit dem Titel "Gewitter am Arendsee" in einem Ferienlager. "Es gefiel mir, dass die Leute aufmerksam zuhörten und mein Gedicht schön fanden." Heute sei sie froh, dass das "dramatische Epos" verschollen ist. Trotzdem zitierte sie einige Zeilen daraus, als ob es gestern gewesen wäre. Mit 17 Jahren trat sie dem Magdeburger und später dem Stendaler "Zirkel schreibender Arbeiter" bei. Zu ihren ersten Werken gehörten neben Gedichten auch Porträts und Kurzgeschichten. Nun sei sie schon 50 Jahre am Schreiben und es bereite ihr sehr viel Spaß. "Gedichte haben mir immer schon viel Freude bereitet, schon in der Schule trug ich gerne Lyrik vor."
Heute thematisiert sie gerne die Natur, Liebe und zwischenmenschliche Beziehungen als auch das Verhältnis zu den Enkel und Kindern
Auch in Senioreneinrichtungen halte sie viele Lesungen. "Die älteren Leute sind sehr dankbar, wenn sie von Herzen lachen können. Eine Dame sagte einmal zu mir: ,Wissen Sie, ich habe sogar mein Rheuma nicht mehr gemerkt.\'" Es sei schön, so vielen Menschen mit ihren Gedichten eine Freude machen zu können. "Meine Gedichte sind wie Medizin nur ohne Nebenwirkungen", sagte Schettge.
Sie selbst beschreibt sich als eine große Optimistin, die nie ganz die Fröhlichkeit verliert. "Ich bin ein glücklicher Mensch, der mit dem Leben sehr zufrieden ist." Mit ihrer amüsanten Art und der ungebrochenen Lebensfreude zog Schettge die Zuhörer in den Bann, die gespannt ihren Gedichten lauschten und sich ab und zu vor herzhaftem Lachen den Bauch halten mussten.