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Einmal im Jahr kommt ein Unikat zu Ehren: die Stendaler Weihnachtspyramide Vom Holzwollebett auf den Drehteller

Von Nora Knappe 08.12.2011, 05:22

Wenn heute Nachmittag der Weihnachtsmarkt eröffnet wird, wird sich auch wieder die große Pyramide drehen. Sie ist ein Unikat, das im Erzgebirge angefertigt wurde.

Stendal l Noch liegen Joseph und Maria, der Förster und die Pilzsammlerin wie auch die Kurrendesänger wohlbehalten zwischen schützender Holzwolle. Regen tröpfelt auf die großen Kartons, in denen die Figuren bis auf eine Woche im Jahr zubringen. An diesem Dienstagmorgen müssen sie sich noch ein wenig gedulden, bis sie endlich ans Tageslicht dürfen und auf die Stendaler Pyramide gehoben werden.

Zwei Tage vor Eröffnung des Weihnachtsmarktes wird die Pyramide aufgebaut. Thomas Kannapinn und Roland Einhart vom Bauhof sind ein eingespieltes Team, wissen, welcher Handgriff wann und wie vonnöten ist. Sie sind seit fünf Jahren für den Aufbau der Pyramide verantwortlich, Hilfe bekommen sie von Fred Freytag, der Transporter und Kran beisteuert. Etwa vier Stunden dauert es vom Aufstellen des Sockels bis zum Lichttest mit kompletter Besetzung. Aber die Männer tun das auch richtig gern. "Die Pyramide ist doch wirklich schön", sagt Einhart mit Blick auf das Holzgestell mit Unterbau für den Motor und den vier Holzbalken, auf deren Ende die Flügelkonstruktion sitzt.

Erschaffen wurde die Großpyramide im erzgebirgischen Krumhermersdorf. Matthias Rochlitzer, Geschäftsführer des Holzgestalters Maroc-Design, kennt sie von oben bis unten, in all ihren Details. Er hat vor fünf Jahren, im September 2007, den Auftrag von Michael Standke vom Stendaler Veranstaltungsmanagement entgegengenommen. Viel Zeit hatten Rochlitzer und seine Kollegen nicht, bis November sollte die Pyramide fertig sein.

Alle Figuren sind Unikate extra für Stendal

Klar war: Es würde ein Unikat werden. Nicht nur, dass alle Figuren extra und einmalig angefertigt werden würden; auch die Modulbauweise, die den Auf- und Abbau der etwa fünf Meter hohen Konstruktion erleichtern sollte, wurde hier erstmals von Rochlitzers Firma angewandt.

Rochlitzer selbst hat die vier Waldfiguren und die vier Kurrendesänger geschaffen. Die Krippenfiguren, die auf dem untersten der drei Drehteller stehen, hat ein Schnitzer in Marienberg angefertigt. Zwischen 14 und 50 Stunden Arbeit stecken in jeder der Figuren, die aus Lindenholz geschnitzt und mit wetterbeständiger Farbe bemalt wurden. Die größten sind etwa 60 Zentimeter hoch, die kleinsten etwa 25. "Das Schnitzen ist kein Problem: Die Figur steckt im Holz, man muss nur den Rest wegschnitzen", sagt Rochlitzer verschmitzt.

Beim ersten Aufbau für den Weihnachtsmarkt 2007 hat der Holzgestalter noch mitgeholfen, seither sind Roland Einhart und Thomas Kannapinn die Aufbau-Experten. Als die Sockel-Balken-Konstruktion nach kaum einer Stunde steht, geht es an die Details. Einhart weckt die hölzernen Gestalten aus ihrem Schlummer, hebt sie behutsam aus den Pappkisten und reicht sie Stück für Stück seinem Kollegen Thomas Kannapinn. Der steht auf der Leiter, setzt erst die Kurrendesänger auf die oberste Etage, dann die Waldfiguren auf die mittlere. Jede Figur wird fest verschraubt. "Ein bisschen kompliziert ist das vor allem auf dem unteren Teller", sagt Roland Einhart. Denn da ist wenig Spielraum in der schmalen Lücke zum Unterbau. Aber die beiden Männer haben viel Feingefühl in ihren großen, behandschuhten Händen.

Und als schließlich, nach etwa dreieinhalb Stunden, alles fertig ist und auch die Lichter alle funktionieren, da scheint für einen kurzen Moment ein feiner Glanz in den Augen der beiden auf. Sie ist eben doch etwas ganz Besonderes, die Stendaler Weihnachtspyramide.