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Gastronomie Von Corona-Hilfen ausgeschlossen

Die Bundesregierung verspricht Hilfen für geschlossene Cafés und Restaurants. Doch nicht alle Gastronomen profitieren von der Unterstützung.

Von Leonie Dreier 18.01.2021, 00:01

Stendal l Dunkle Gedanken, schlaflose Nächte und Angst davor, was die Zukunft bringt, ist bei den Gastronomen in Stendal weitverbreitet. Gerade der zweite Lockdown seit November, bekommt die Branche hart zu spüren. Wichtig ist daher, dass die zugesagten Mittel ankommen, sagt Manfred Hippeli, Kreisverbandschef des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga).

Damit spricht er die November- und Dezemberhilfen für Unternehmen und Solo-Selbstständige der Bundesregierung an. Weil der Bund mit Software-Problemen kämpft, verzögerten sich die Zahlungen der Novemberhilfen auf Mitte Januar.

Über versprochene Hilfe, die nicht ankommt, kann der Inhaber des „Kaffeekult“, Nikolas Frank, am Stendaler Marktplatz nur müde lächeln. Grund: Von den bisherigen Hilfen der Bundesregierung ist das Café des 47-Jährige ausgeschlossen. Sein Unternehmen besteht durchschnittlich im Jahr aus 50 Prozent Verkauf von Kaffee, Tee und Schokolade und weiteren 50 Prozent aus Café-Betrieb, erklärt Frank. „Um Hilfe zu bekommen, muss die Gastronomie 80 Prozent betragen“, begründet der Inhaber weiter.

Dieser Fakt macht ihn wütend. Er fühlt sich ungerecht behandelt. Gespräche mit der IHK und seinem Steuerberater bringen ihn nicht weiter. Keiner kann ihm helfen. „Der Finanzminister schleudert Milliarden raus und ich habe nichts davon“, sagt Frank verärgert. Grundsätzlich findet der Unternehmer es sehr gut, dass die Bundesregierung den Gewerbetreibenden Hilfe zusagt.

Für Frank ist es jedoch frustrierend, dass er wegen der vielen Ausschlusskriterien überhaupt nicht profitiert, obwohl er nachweislich von den Einschränkungen betroffen ist und so ohne Selbstverschulden Einbußen hinnehmen muss, erklärt er weiter. Ein kleiner Lichtblick am Ende des Tunnels: „Wenigstens habe ich das Glück, dass ich den Laden noch offenhalten kann.“ Das war während des ersten Lockdowns auch schon der Fall.

Trotzdem berichtet der Gastronom, dass er im ersten Lockdown 60 bis 70 Prozent des üblichen Umsatzes einbüßen musste. Der vergangene Sommer sowie das Weihnachtsgeschäft haben ihm über die Runden geholfen, sodass Frank bisher keinen Kredit aufnahm und seine anfallenden Kosten durch Reserven bezahlen kann. In den vergangenen Jahren hat er gut wirtschaften können und denkt gar nicht an Schließung, gibt er ehrlich zu.

Auch, wenn Nikolas Frank eine Schließung als Horror-Szenario erstmal ausschließt, leidet er durch die Auf und Abs der vergangenen Monate unter sehr viel Stress. „Es gibt null Planungssicherheit“, beklagt er und hofft, dass er sein Café spätestens ab Mitte März wieder öffnen darf.

Manfred Hippeli sind auf Nachfrage keine Gastronomen im Landkreis bekannt, die ihr Geschäft aufgeben müssen. Weil für ihn eine Verlängerung des Lockdowns nicht abwegig ist, müssen die Hilfen zeitnah gezahlt werden, um Schließungen zu verhindern. „Gefühlt wird sich die Öffnung bis Mitte Februar hinziehen, wenn nicht sogar bis Ostern“, bewertet er die Situation.

Mit welchen Konzepten die Gastronomen dann wieder öffnen dürfen, steht noch in den Sternen. Eins weiß der Kreisverbandschef mit Sicherheit: „Ein ständiges Hoch- und Runterfahren ist für die Gastronomen wirtschaftlich und personell noch aufwendiger, als geschlossen zu bleiben.“

Daher ist für Hippeli das Personal mit die Hauptsorge. „Die Gastronomie wird durch die Maßnahmen nicht als besonders lukrativ dargestellt“, begründet er. Viele Angestellte sind in Kurzarbeit. Das trifft auch auf die Angestellten beim Kaffeekult zu. Nikolas Frank ist trotzdem froh, dass er seine Angestellten halten kann. Manfred Hippeli kritisiert jedoch, dass die Gastronomen mit dem Kurzarbeitergeld momentan in Vorkasse gehen müssen.

Um trotz der Schließung die Gehälter der Angestellten sowie die laufenden Kosten weiter bezahlen zu können, ist es für Hippeli wichtig, im Netz präsenter zu werden. Den Weg einen Online-Shop einzurichten, plant Frank Nikolas seit diesem Jahr ebenfalls. „Ich sehe mich nicht als typischen Online-Händler“, sagt er und begründet dies mit der Anonymität. Trotzdem begreift er, dass er einen Online-Shop ins Leben rufen muss.

Neben dem Verkauf übers Internet nutzen viele Gastronomie-Betriebe das Außer-Haus-Angebot. Diese Strategie ist kein Ersatz und soll doch als Option weiter ausgebaut werden, um überhaupt Einkünfte zu sichern so Hippeli. Nikolas Frank bietet außer Haus lediglich alkoholfreie warme Getränke an. Von diesem Umsatz allein kann er nicht überleben. „Dafür ist der Laden nicht konzipiert“, begründet er.

Viele Gastronomen versuchen sich, mit allen Mitteln über Wasser zu halten. Leidenschaft und Herzblut hängen daran, bekräftigt Frank. „Doch die Leute werden allein gelassen.“