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Waffenbesitz Reichsbürger in Stendal verurteilt

Ein Reichsbürger wurde vom Amtsgericht Stendal für den illegalen Besitz von Waffen zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt.

Von Wolfgang Biermann 24.11.2020, 23:01

Stendal l Das Amtsgericht hat am Montag einen Rentner und ehemaligen Vorsitzenden eines Schützenvereins in der Altmark wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz zu sieben Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Petra Ludwig sah es als erwiesen an, dass der der sogenannten Reichsbürger- und Selbstverwalterszene zugerechnete Endsechziger am 27. Juli 2018 vorsätzlich und unerlaubt zwölf Schusswaffen – zehn Gewehre und zwei halbautomatische Pistolen – „unberechtigten Personen überlassen hat“ und zudem unberechtigt im Besitz von 19 Patronen war, die im Rahmen einer Durchsuchung von einem Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei am 9. Oktober 2018 in seiner Wohnung gefunden wurden.

Zeitgleich hatten an diesem Tag SEK-Beamte in Berlin sowie einem anderen Ort in der Altmark weitere Wohnungen durchsucht. Die zehn Gewehre – eine Bockdoppelflinte, zwei Einzellader und sieben Repetierbüchsen – sowie die beiden Pistolen wurden dabei aber nicht gefunden, sie sind verschwunden.

Das Verfahren gegen einen mitangeklagten Mittvierziger wurde im Hinblick auf eine rechtskräftige Verurteilung eingestellt. Bei der SEK-Aktion war ein Gewehr bei ihm entdeckt worden, für dass der Sportschütze und Jäger keine Legitimation besaß. Für die Waffen, die er rechtmäßig besaß, wurden ihm danach die Waffenbesitzkarten auch entzogen.

Im Prozess hatte er beteuert, nichts mit der Reichsbürgerszene zu tun zu haben, was ihm das Gericht auch abnahm. Er hatte angegeben, dass der Rentner bei ihm die zwölf Waffen verwahrt hatte, angeblich weil bei ihm der Maler war. Tatsächlich aber hatte die Waffenbehörde des Landkreises dem Rentner die Waffenbesitzkarten entzogen, den Entzug aber nicht sofort vollzogen.

Am 27. Juli habe der Rentner die Waffen bei ihm abgeholt, so der Mittvierziger. Mit dabei soll ein „Schlomo Bernsteen“, angeblich Israeli von der „Stiftung 36 Grad Berlin“ gewesen sein. Dem hätte der Rentner in seinem Beisein die Waffen übergeben, gab der Mittvierziger an. Letztlich bestätigte der Rentner das denn auch, nachdem er zuvor wirr klingende Ausführungen gemacht hatte. Nachforschungen der Polizei ergaben, dass es weder eine „Stiftung 36 Grad“ noch einen „Schlomo Bernsteen“ in Berlin gibt.

Der Prozess am Amtsgericht fand unter extremen Sicherheitsvorkehrungen statt. Mehr als ein Dutzend Polizeibeamte und Angehörige der Justiz sicherten den Saal 102 und den Zugang dazu ab. Der Rentner war übrigens nicht freiwillig gekommen, er musste von der Polizei vorgeführt werden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Berufung dagegen gilt als sehr wahrscheinlich.