Widersprüchliche Aussagen in einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Was geschah wirklich in der Disco?
Stendal l Um die Geschehnisse am Rande eines Konzerts einer "Böhse Onkelz"-Coverband in der Stendaler Diskothek Eventarena-Foxi am 17. September 2011 geht es in einer Berufungsverhandlung vor der Jugendkammer am Landgericht Stendal. Zwei junge Stendaler, 21 und 24 Jahre alt, sind angeklagt, unabhängig voneinander handelnd, zwei andere Männer schwer attackiert zu haben. Das Amtsgericht Stendal hatte das am 26. November vorigen Jahres als erwiesen angesehen. Das dortige Jugendschöffengericht verurteilte den 24-Jährigen wegen gefährlicher Körperverletzung zu neun Monaten und den 21-Jährigen wegen Körperverletzung zu sechs Monaten Freiheitsstrafen, jeweils zur Bewährung ausgesetzt.
Gegen die Verurteilungen legten beide Angeklagte Berufung ein, die nun in zweiter Instanz am Landgericht verhandelt wird. Die Jugendkammer unter Vorsitz von Richter Ulrich Galler muss nun in bislang vier geplanten Prozesstagen klären, ob es sich vor eineinhalb Jahren um eine "normale" Disco-Schlägerei oder tatsächlich um Körperverletzung gehandelt hat.
Zu den Anklagevorwürfen: Der 24-Jährige soll mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter in der Nähe der Toiletten gemeinsam einen jungen Mann grundlos verprügelt haben. Dabei soll dem Geschädigten die Brille vom Kopf geschlagen worden sein. Weil die Tat gemeinsam mit einem Mittäter begangen worden sein soll, gilt sie laut Gesetz als gefährliche Körperverletzung.
Um einfache Körperverletzung geht es hingegen für den 21-Jährigen. Laut Anklage soll er einen anderen Mann geschlagen haben. Als dieser zu Boden ging, habe er weiter auf das Opfer eingeschlagen, heißt es im Urteil des Amtsgerichts.
Beide Angeklagte äußern sich zu den Tatvorwürfen. Der 24-Jährige gibt an, dass er beim Gang zur Toilette von einer Gruppe heraus provokativ angeguckt und auch geschubst worden sei. Als er das WC verließ, habe er wohl einen der Umstehenden angespuckt. Mehr sei da nicht gewesen.
Der 21-Jährige gibt an, in gar keine Schlägerei verwickelt gewesen zu sein. Die vermeintlichen Opfer sollen erst am 9. April ihre Aussagen machen.
Ausgesagt hat gestern die 22-jährige Freundin des 21-Jährigen. Sie habe beide Angeklagten und noch einen weiteren Kumpel an jenem Abend ins "Foxi" gefahren. Alle seien angetrunken gewesen und hätten "etwas gelallt", gab sie an. "Gab es Tätlichkeiten?", wollte Richter Galler wissen. "Nein", bekam er zu Antwort. Die Zeugin gab weiter an, das Konzert vorzeitig verlassen zu haben - in der Besetzung, wie sie gekommen waren.
Dazu im Widerspruch stand die Aussage des Kumpels, der mit im Auto gesessen haben soll. Der 30-Jährige sagte als Zeuge aus, dass er mit dem 24-Jährigen gemeinsam das Konzert verlassen habe, ohne den zweiten Angeklagten und dessen Freundin. Von Tätlichkeiten wisse er aber auch nichts. "Es war eine ausgelassene Stimmung - ein ganz normaler Abend", umschrieb er die Situation.
Ein Polizeibeamter, der seinerzeit die Strafanzeige eines der Opfer gegen den 21-Jährigen aufgenommen hat, gab an, sich nicht mehr an Details erinnern zu können. Er sei zum Tatzeitpunkt nur vertretungsweise in Stendal eingesetzt gewesen. Er wisse nur noch, dass das vermeintliche Opfer gesagt habe, aus einer Gruppe von sieben bis neun Leuten heraus geschlagen worden zu sein. Und dass er vom Rettungsdienst von der Disco ins Stendaler Krankenhaus gebracht worden sei.
Nach den Ereignissen in der Diskothek im September 2011 soll es zu weiteren Vorkommnissen gekommen sei. So ist wohl der Briefkasten eines der beiden Angeklagten Ziel von Angriffen geworden. Dazu gibt es auch eine Strafanzeige und ein Ermittlungsverfahren. Außerdem soll der 21-jährige Angeklagte im Sommer vorigen Jahres auf dem Stendaler Marktplatz von mehreren Personen zusammengeschlagen worden sein. Dabei soll von Rache für eines der vermeintlichen Opfer die Rede gewesen sein.