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Zukunft AltmarkRücklagen für Rechenfehler

Jungunternehmer aus Stendal, Salzwedel und Umgebung müssen in der Startphase mit steuerlichen Fallstricken rechnen. Es gibt Hilfe.

Von Tim Kühne 22.03.2018, 08:41

Stendal l Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Körperschaftssteuer, Einkommensteuer und und und – als Gründer bekommt man es plötzlich mit einer Menge steuerlicher Regelungen zu tun. Verschiedenste Erklärungen, Abgabefristen und Aufzeichnungspflichten müssen einem Jungunternehmer in Fleisch und Blut übergehen. Das kann ganz schön viel auf einmal sein. Dennoch ist es wichtig, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. „Mit der nötigen Ernsthaftigkeit, aber bitte ohne übermäßige Angst“, rät Steuerberater Stephan Klakow, der gemeinsam mit seiner Mutter Heidi Klakow und Christian Schulze – beide ebenfalls Steuerberater – zwei Kanzlei-Standorte in Osterburg und Stendal mit insgesamt 17 Mitarbeitern betreibt. Der Profi betreut viele junge sowie etablierte Unternehmen und kennt die größten Fallstricke, über die Gründer in der Anfangszeit häufig stolpern.

„Es ist wichtig, sich darüber bewusst zu sein, dass nahezu jede Entscheidung in einem Unternehmen steuerliche Auswirkungen haben kann“, erklärt Stephan Klakow, „Darum ist es zwar absolut zu empfehlen, sich steuerlich beraten zu lassen – man sollte sich aber auch selbst grundlegende betriebswirtschaftliche Kenntnisse aneignen. Zum Beispiel durch einen kompakten Kurs.“ Nur so könne man ein Verständnis für die Zusammenhänge unternehmerischer Entscheidungen gewinnen. Zum Beispiel können falsch berechnete oder verspätet abgegebene Steuererklärungen zu Verspätungs- und Säumniszuschlägen führen. Diese wirken sich wiederum auf das Betriebsergebnis aus – und damit auf die Höhe weiterer Steuern sowie gegebenenfalls auch die Beiträge für Krankenkasse, Rentenversicherung und Co. Durch ein kleines Versäumnis muss später überall korrigiert werden.

Ein weitverbreiteter Fehler sei es keine hinreichenden Rücklagen zu bilden. „Die Umsatzsteuer zum Beispiel, die Kunden mit dem Rechnungsbetrag überweisen, gehört dem Unternehmer nicht. Er muss sie später an das Finanzamt weiterleiten. Man sollte also immer einen Überblick darüber haben, wie viel von dem Geld auf dem Geschäftskonto einem tatsächlich zur Verfügung steht. Sonst droht am Zahltag eine böse Überraschung.“ Aus diesem Grund sollten auch Vorauszahlungen für die Einkommensteuer realistisch berechnet werden, um später hohe, nicht eingeplante Nachzahlungen zu vermeiden, gibt der 37-Jährige zu bedenken.

Die Beschäftigung mit Zahlen und Abgaben muss unbedingt schon vor dem eigentlichen Geschäftsbetrieb beginnen. Schließlich müssen auch diese in die Kalkulation von Preisen und Kosten mit einfließen. „Die Kalkulation ist entscheidend dafür, dass ein Unternehmen wirtschaftlich arbeiten kann. Wer hier unsauber rechnet, bekommt das in jedem Fall zu spüren“, weiß Stephan Klakow. Darum rät er Gründern, alle noch so kleinen betrieblichen und privaten Kosten aufzulisten und in die Berechnungen einzubeziehen. Darüber hinaus sollten eine Pauschale für unvorhergesehene Kosten sowie eine hinreichende Absicherung für Ausfälle berücksichtigt werden. „Die wenigsten Kalkulationen sind von Anfang an allumfassend. Umso wichtiger ist es gerade in der Anfangszeit, ein intensives Controlling zu betreiben und konsequent nachzukalkulieren“, rät der studierte Jurist, der sich ehrenamtlich als Schatzmeister bei den Wirtschaftsjunioren Altmark engagiert.

Eine weitere Entscheidung in der Gründungsphase, die sich später intensiv auswirken kann, ist die Wahl der Rechtsform. Wird ein Einzelunternehmen gegründet, eine GbR, eine GmbH oder ein anderer Unternehmenstyp? „Eine der ersten Fragen muss sein: Wie risikoreich ist mein Geschäft?“, stellt Stephan Klakow klar. Gerade Unternehmen, die viel vorfinanzieren müssen – etwa in der Baubranche – sollten eine Rechtsform mit Haftungsbeschränkung wählen. Also zum Beispiel eine GmbH oder UG. „Danach fließen die Flexibilität, die Gründungskosten und auch ein wenig das Ansehen bestimmter Rechtsformen in die weitere Entscheidungsfindung ein. Und nicht zuletzt bedeuten unterschiedliche Rechtsformen auch unterschiedliche steuerliche Pflichten.“

Um Fallstricke und mögliche finanzielle Nachteile auch für die Zukunft zu vermeiden, rät Klakow jedem Unternehmer, sich regelmäßig über Änderungen im Steuerrecht zu informieren. So seien zum Beispiel die Anforderungen an die Führung und Aufbewahrung von steuerrelevanten Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff durch das Finanzamt seit 2015 deutlich strenger geworden.

Wer diese Änderungen ignoriert oder schlichtweg nicht mitbekommt, muss spätestens bei einer Betriebsprüfung mit unangenehmen Konsequenzen rechnen. „Ganz besonders streng sind die Anforderungen bei bargeldintensiven Betrieben geworden. Die Nutzung von Registrierkassen oder offenen Ladenkassen unterliegt mittlerweile sehr genauen Vorgaben“, nennt der Profi ein konkretes Beispiel – und ergänzt, „Nicht immer geht es um negative Konsequenzen. Manche Neuerungen bringen dem Unternehmer auch handfeste Vorteile. So wurde zu diesem Jahr etwa die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) von bisher 410 Euro auf nun 800 Euro netto angehoben. Wer das nicht weiß, verschenkt womöglich viel Geld.“

Zuletzt nennt Klakow noch einen handfesten Tipp: „Zahlreiche Gründungs- und zum Teil sogar Ausbildungskosten können als sogenannte vorweggenommene Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Das senkt den Gewinn und spart im Zweifel jede Menge Steuern.“ Ein gutes Beispiel dafür, dass Wissen um die Möglichkeiten zur steuerlichen Gestaltung bares Geld bedeuten kann. Umso wichtiger ist es, sich als Gründer intensiv damit auseinanderzusetzen und auf die Erfahrung anderer zurückzugreifen. „Ist das grundlegende Verständnis für Steuerangelegenheiten aber erst einmal da, erscheint vieles gleich viel einfacher“, verspricht Klakow.