Michaela und Torsten Kühnel bitten um Hilfe, um Spezialtherapie für ihr Kind möglich zu machen Adrian kam ohne Schluckreflex zur Welt - jetzt isst er seinen Brei und soll noch viel mehr lernen
Von einem Tag auf den anderen war im Leben von Michaela und Torsten Kühnel alles anders. Sohn Adrian war mit Hirnverletzungen, ohne Reflexe zur Welt gekommen. Das Paar nahm die Herausforderung an und sagt trotz allem: "Wir sind glücklich."
Bartensleben l Michaela Kühnel schwankt zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Am nächsten Wochenende könnten sie nach Pisa fliegen oder fahren, um dort ihr Kind einem amerikanischen Professor vorzustellen, der auf hirnverletzte Kinder spezialisiert ist, und dann in eine neue Therapie für Adrian eingewiesen zu werden. Doch das Ehepaar steht vor zwei Problemen - zum einen wissen sie noch nicht, wie sie nach Pisa kommen, zum anderen reicht ihr Geld nicht. Der Paritätische in Helmstedt hat vor kurzem ein Spendenkonto für Adrian eingerichtet, denn auch andere Therapien für den Jungen sind teuer und für die Eltern nicht bezahlbar.
Von der Doman-Therapie, die in Amerika entwickelt wurde, erfuhren die Eltern von der Therapeutin, die sich um Adrian kümmert. Ein anderes Kind, das sie ebenfalls betreut, hat damit in einem halben Jahr enorme Fortschritte gemacht. Deshalb haben Michaela und Torsten Kühnel Hoffnung geschöpft, dass auch Adrian diese Therapie helfen könnte. Der Amerikaner Glenn Doman hat mit einem großen Fachteam lange geforscht, wie hirnverletzte Kinder ein normales Leben lernen können. Seit Jahrzehnten hilft dieses Fachteam verzweifelten Eltern mit Erfolg.
Bei diesem Programm werden die Eltern eingewiesen, jeden Tag ganz eisern acht Stunden lang mit dem Kind zu üben. Immer wieder werden bestimmte Bewegungsmuster trainiert. Dann werden Schilder geschrieben beispielsweise mit dem Wort Mama, dann wird das Bild von Mama gezeigt, dazu wird die Lautbildung geübt wie in der Grundschule. Das sind nur einige Beispiele. Auch äußere Reize wie heiß und kalt, schmerzhaft und gut muss das Kind lernen.
Für jedes Kind wird in dem Spezialzentrum ein spezieller Trainingsplan erstellt, der dokumentiert werden muss genauso wie jeder kleine Fortschritt. Kühnels haben Professor Dr. med. Gerhard Jorch, Direktor der Kinderklinik im Universitätsklinikum Magdeburg, gebeten, den Anfangsbefund und auch Veränderungen zu dokumentieren.
Das Trainingsprogramm muss jeden Tag ohne Ausnahme absolviert werden. Das heißt für Michaela und Torsten Kühnel, ihr Leben wird sich noch mehr auf ihren Sohn ausrichten. Und das wissen sie genau. Sie wollen sich dieser Aufgabe stellen, zwei, drei oder gar fünf Jahre, das wissen sie noch nicht. "Was andere Eltern geschafft haben, das schaffen wir auch", sagen sie.
Und sie haben schon viel geschafft. Adrian kam ohne Reflexe zur Welt, konnte nicht schlucken, hatte ständig Krämpfe. Sie haben es geschafft, dass der Junge schlucken kann, wenn das Essen auch dauert, er isst seine Mahlzeit auf. Anfangs wurde Adrian mit einer Sonde durch die Nase ernährt. Wenn ihn Krämpfe schüttelten, riss er sich den Schlauch aus der Nase, es blutete. Alternative wäre eine Sonde direkt in den Magen gewesen. Doch sie hörten auf einen Rat, damit noch zu warten, es einfach zu versuchen, ob der Schluckreflex nicht doch einsetzt. Wohl tausendmal am Tag haben sie dem Jungen mit einer Spritze immer nur einen Tropfen in den Mund geträufelt. Das waren Strapazen für den Jungen und die Eltern, doch sie waren erfolgreich. Mit derselben Ausdauer schafften es Michaela und Torsten Kühnel, dass ihr Sohn sich nicht mehr in Krämpfen windet. Adrian ist auch gewachsen, doch er bewegt sich nicht. "Ich habe inzwischen ein kleines Medizinstudium absolviert", sagt Torsten Kühnel, er weiß genau, was sich hinter jedem Fachbegriff verbirgt, den sie immer wieder hören, hat alles gelesen, was es über Hirnverletzungen bei Kindern gibt.
Ein normales Leben gibt es für das Paar seit Adrians Geburt nicht. Ihr Sohn bestimmt den Rhythmus, bestimmt Tag und Nacht. Notfallmedizin ist immer bereit, und ganz plötzlich kann sich eine Situation ergeben, dass er ins Krankenhaus muss. Mit dieser Angst haben sie gelernt zu leben. Torsten Kühnel arbeitet bei einem Landwirt in einem Nachbarort, der Verständnis dafür hat, dass er manchmal ganz plötzlich weg muss, weil Adrian Hilfe braucht. Michaela Kühnel gibt als "Sülzefee" ab und an Kräuterkurse, regelmäßig arbeiten aber kann sie nicht. Auch wenn Adrian ein paar Stunden am Tag in der Integrativen Kindertagesstätte "Spatzennest" in Beendorf liebevoll und fachlich kompetent betreut wird. Dafür sind seine Eltern sehr dankbar, so hat er doch auch Kontakt zu anderen Kindern, was für sie sehr wichtig ist.
"Wir erhalten viel Unterstützung", sagt Michaela Kühnel und meint damit sowohl die finanzielle Sicherheit für das tägliche Leben, aber auch viele kleine Hilfen von Bekannten oder völlig Fremden. Zum Beispiel haben sie von einigen Material erhalten, um ein Therapiezimmer für Adrian einzurichten. Das ist aber noch lange nicht fertig. Torsten Kühnel macht die meisten Arbeiten allein.
Er holt auch Holz aus dem Wald für den Ofen, hat sich darum gekümmert, dass das alte Auto, in das der Spezialbuggy für Adrian gut reinpasst, wieder durch den TÜV gekommen ist. "Wir haben keinen Grund zur Klage, wir sind zufrieden mit unserem Leben. Und wir haben viel Grund, danke zu sagen. Wir haben die Möglichkeit, uns zu Hause um unseren Jungen zu kümmern", ergänzt Michaela Kühnel.
"Wir sind zufrieden mit unserem Leben und wir haben viel Grund, danke zu sagen"
Kühnels sind sehr glücklich, dass ihnen die Agrargesellschaft ein Haus kostenfrei zur Verfügung gestellt hat, auch wenn sie die Räume erst wieder bewohnbar machen mussten und noch viel Arbeit vor ihnen liegt. Heinrich Preckel, der solange allein im Haus wohnte, ist ihnen ein guter Freund geworden, der handwerklich auch manches Mal hilft.
Michaela und Torsten Kühnel haben ihr Schicksal angenommen. "Wir sind daran gewachsen, das Leben macht trotzdem Spaß", sagt Michaela Kühnel und lächelt dabei. "Wir entdecken die kleinen Dinge des Lebens." Über jeden noch so kleinen Fortschritt im Leben ihres Kindes sind sie glücklich.
Gerade haben sie erste Stunden einer Reittherapie mit ihm absolviert, da kam die Nachricht, für die Einweisung in die Doman-Therapie ist in Pisa ein Platz frei. Sie entschieden, der Papa sollte fahren. Nur wenige Tage später die Nachricht, sie könnten das Kind gleich vorstellen, das hätte sonst erst nach einem halben Jahr Therapie in Philadelphia am Sitz des Doman-Instituts erfolgen sollen. Das weckt Hoffnungen, denn bei den Entwicklungsverzögerungen im Leben ihres Jungen kommt es auf jeden Monat an.
Und nun die Angst: "Wie schaffen wir das?" Das Geld, was bisher auf dem Spendenkonto eingegangen ist, reicht nicht. Auch der Transport des Jungen scheint an unüberwindlichen Barrieren zu scheitern. Mit dem Auto geht es nicht, so lange kann Adrian nicht angeschnallt sitzen. Mit dem Zug könnten Adrian und eine Begleitperson in Deutschland zwar kostenfrei fahren, doch sie wären dann einen ganzen Tag unterwegs. Das wäre eine Strapaze für den Jungen. Bliebe das Flugzeug. Doch mit einem behinderten Kind gibt es ungeheuere Sicherheitsbestimmungen. Die Flugbehörde versucht, einen Weg zu finden. Kühnels hoffen, dass es klappt. Doch sie müssen drei Plätze bezahlen. Insgesamt fehlen ihnen etwa 2000 Euro.
Michaela und Torsten Kühnel bitten deshalb für ihren Jungen um Unterstützung, jeder Euro hilft ihm auf dem Weg in ein normales Leben. Die Eltern sind überzeugt, dass sie es schaffen, Adrian mit fachlicher Hilfe so weit zu bringen, dass er sich bewegen kann. "Vielleicht kann er sich eines Tages für die Unterstützung selbst bedanken", hofft die optimistische Mutter.
Spendenkonto beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Helmstedt, Konto 7450900, Bankleitzahl 25120510, BfS Hannover, Verwendungszweck: Adrian. Der Wohlfahrtsverband stellt auf Wunsch auch Spendenbelege aus. Mehr Informationen gibt es unter www.fuer-adrian.de