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Insolvenz Metaller bangen um ihre Jobs

Die Hydraulik Seehausen GmbH hat beim Amtsgericht Antrag auf Insolvenz eingereicht.

Von Mathias Müller 20.11.2019, 05:00

Seehausen l „Ich kann noch nicht sagen wo die Reise hingeht, da ich erst seit zwei Tagen mit dem Verfahren beschäftigt bin“, sagte am Montag der Magdeburger Rechtsanwalt Udo Müller. Er ist vom Amtsgericht Magdeburg als vorläufiger Insolvenzverwalter für die Hydraulik Seehausen GmbH eingesetzt worden. Das Metallunternehmen hatte Donnerstag vergangener Woche beim Amtsgericht Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt.

Ob das Verfahren eröffnet werde, könne er zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, so Müller. Er und seine Mitarbeiter seien zurzeit dabei, vor Ort in Seehausen die Betriebsunterlagen zu prüfen. Müller rechnet damit, dass Ende Dezember sein Gutachten vorliegen werde. Gegenwärtig arbeite er eng mit der Geschäftsführung zusammen und begleite den laufenden Geschäftsbetrieb. Die Mitarbeiter der Firma produzieren am Standort in der Wanzlebener Allee in Seehausen Hydraulik-Systeme, Ventile und andere Komponenten.

„Ich habe die Hydraulik Seehausen 1992 übernommen, bin jetzt 76 Jahre alt und habe seit zwei Jahren nach einer Nachfolgelösung gesucht“, sagte am Dienstag Hans Georg Nußbaum als Geschäftsführer der Hydraulik Seehausen GmbH zur Volksstimme. Für den Bereich Hydraulik gebe es auch einen potenziellen Interessenten. Beim Stahl- und Prüfbau sei er trotz langer Verhandlungen nicht zu einem Abschluss gekommen. Im Gegenteil. Dort sei ihm ein Partner abgesprungen, für den die Seehäuser Firma bereits Waren im Wert von 1,1 Millionen Euro produziert und geliefert habe. Jedoch habe der Kunde die Waren nicht bezahlt, so dass Hydraulik Seehausen keine Finanzmittel mehr gehabt habe und in akute Zahlungsunfähigkeit geraten sei, so Nußbaum. Diese habe dazu geführt, dass die Firma in die Gefahr geraten sei, die Löhne für ihre Mitarbeiter nicht mehr zahlen zu können. „Deshalb musste ich den Antrag auf Insolvenz stellen“, verdeutlichte der Geschäftsführer. Dennoch sieht Nußbaum für beide Bereiche eine Perspektive, da Interessenten dafür vorhanden seien. Diese würden dann die Firmenbereiche womöglich vom Insolvenzverwalter kaufen. „Um die Mitarbeiter tut es mir sehr, sehr leid. Sie sind mir in den 25 Jahren ans Herz gewachsen“, versicherte Hans Georg Nußbaum. Jedoch habe er heute als 76-Jähriger nicht mehr die Kraft wie damals bei der Übernahme von Hydraulik Seehausen.

„Die Kunden werden weiter beliefert“, versicherte der vorläufige Insolvenzverwalter Udo Müller. Auch sei er dabei, mögliche Interessenten für das Unternehmen zu finden und führe dazu bereits Gespräche. Er wolle jede Chance wahren, den Betrieb fortzuführen. Ebenso sei er dabei, ausstehende Forderungen des Unternehmens einzuholen, auch würden weiterhin Einnahmen durch Geschäfte erzielt werden.

Wie Udo Müller weiter sagte, seien die Gehälter der 110 Mitarbeiter bei Hydraulik Seehausen für die kommenden drei Monate über das Insolvenzgeld zunächst gesichert. Er wolle nicht, dass die Mitarbeiter durch das vorläufige Verfahren Schaden nehmen würden.

„Die Situation für die Kollegen ist sehr unbefriedigend“, sagte Janek Tomaschefski, Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall Halberstadt. Der Gewerkschafter war am Montag in der Hydraulik Seehausen GmbH, um mit dem Betriebsrat den Verlauf des weiteren Verfahrens zu besprechen. So sei es unter anderem um die Frage gegangen, ob Insolvenzausfallgeld gezahlt werde oder nicht. Seiner Kenntnis nach habe es in dem Betrieb bereits Eigenkündigungen gegeben, da bei den Kollegen ein Vertrauensverlust eingetreten sei. Für Tomaschefski bietet das Verfahren jedoch auch die Chance, Licht in das Gebaren der Muttergesellschaft, der Otto Nußbaum GmbH & Co. KG, zu der Hydraulik Seehausen gehöre, zu bringen.

Ob es nach dem Verfahren zur Eröffnung und einer möglichen Insolvenz zu einer Liquidation oder zu einem Verkauf des Betriebs komme, vermochte Tomaschefski noch nicht sagen. Seinen Worten nach sei der Antrag auf Insolvenz für die Kollegen nicht unerwartet gekommen. „Sie haben es befürchtet“, sagte er.

Im April vergangenen Jahren hatten die damals 150 Beschäftigten der Hydraulik Seehausen GmbH bei einem dritten Warnstreik die Arbeit niedergelegt. Die Geschäftsführung hatte die Forderung der IG Metall mehrfach abgelehnt, durch einen abzuschließenden Tarifvertrag die Entgelte der Seehäuser Beschäftigten zu erhöhen.

„Das ist ein herber Verlust für die Stadt Seehausen, wenn die Insolvenz der Hydraulik GmbH eintreten sollte“, schätzte Seehausens Ortsbürgermeister Eckhard Jockisch (Freie Wähler) gegenüber der Volksstimme ein.

Der Antrag auf Insolvenz sei gerade jetzt vor Weihnachten eine schlechte Botschaft für die aus Seehausen und umliegenden Ortschaften stammenden Mitarbeiter. „Ich drücke die Daumen, dass es mit dem Betrieb weiter geht und die Beschäftigten nicht in der Arbeitslosigkeit enden“, sagte Jockisch. Zusammen mit Wanzlebens Bürgermeister Thomas Kluge (parteilos) und CDU-Stadtratsfraktionschef Martin Heine wolle er mit der Geschäftsführung über die Zukunft des Unternehmens ins Gespräch kommen.