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Landesrechnungshof Erst prüfen, dann verhandeln

Der Landkreis Börde könnte die Trägerschaft für die Ganztagsschule Langenweddingen von der Gemeinde Sülzetal übernehmen.

Von Udo Mechenich 20.04.2020, 09:43

Osterweddingen l Die Gemeinde Sülzetal wird durch den Landesrechnungshof auf Bitten des Landkreises Börde geprüft. Es gibt keine Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten. Dass der Landesrechnungshof zum Prüfen kommt, ist für jede Kommune mit mehr als 25 000 Einwohner normal. So allgemein fassen Landkreis und Landesrechnungshof die Fakten rund um die Prüfung der Gemeinde Sülzetal zusammen.

Der konkrete Anlass des Prüfungsersuchens sind die Verhandlungen zwischen der Gemeinde Sülzetal und der Landkreis Börde mit dem Ziel der Rückübertragung der Schulträgerschaft der Ganztagsschule in Langenweddingen von der Gemeinde an den Landkreis. „Die Verträge innerhalb dieses Public-Private-Partnership, einem sogenannten PPP-Projekt, aus dem Jahr 2007 zum Bau der Schule sind komplex. Da das Land Sachsen-Anhalt bei der Formulierung der Verträge federführend war, erhofft sich der Landkreis durch die Überprüfung durch den Landesrechnungshof Erkenntnisse, die die Verhandlungen mit der Gemeinde zu einem positiven Ergebnis führen“, erklärt die Leiterin des Dezernats zwei „Gesundheit und Ordnung“ bei der Verwaltung des Landkreises Börde, Iris Herzig, „konkrete Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten gibt es nicht.“

„Bei den aktuellen Prüfungen des Landerechnungshofes geht es nicht darum, Unregelmäßigkeiten festzustellen“, bestätigt der Pressesprecher des Landerechnungshofes (LRH), Frank Düsekow, die Darstellung Herzigs. Der LRH könne jetzt dem Ergebnis der Prüfung nicht vorgreifen. Es werde einen Prüfungsbericht geben. Die Gemeinde müsse dann dazu Stellung nehmen und die Kommunalaufsicht darauf achten, dass die Gemeinde eventuelle Beanstandungen abstellt.

„Ich habe von dieser Prüfung auch erst durch die Zeitung erfahren. Der Landkreis hat nach meinem Kenntnisstand nicht die Medien informiert. Auch liegt mir bis zum heutigen Tage nichts Schriftliches vor“, fasst der Bürgermeister des Sülzetals, Jörg Methner, seinen aktuellen Wissensstand zusammen. Diese Art der Veröffentlichung finde er nicht zielführend. Er hofft nun, dass „wir eine gemeinsame Lösung auf gleicher Augenhöhe finden. Es stimmt, die Schule kostet uns viel Geld. Aber wo können wir besser investieren als in die Zukunft unserer Kinder. Sie haben in Langenweddingen ideale Lern- und Arbeitsbedingungen. Der damalige Gemeinderat stand vor der Entscheidung genau diese Schule an genau diesem Standort und nach diesem Modell zu bauen, oder den Sekundarschulstandort Sülzetal zu gefährden.“

Auch der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Sülzetal, Christian Wolff, erfuhr aus der Presse von der Prüfung durch den Landesrechnungshof. „Die Tatsache, dass die Ganztagsschule über ein PPP-Projekt finanziert wird, ist bekannt. Die entsprechenden Zahlen finden sich im Haushaltsplan und auch im Haushaltskonsolidierungskonzept der Gemeinde. Dass der Landkreis vor einer Entscheidung über die Übernahme der Immobilie und damit auch der Verpflichtungen die Vertragslage prüfen möchte, ist aus meiner Sicht nicht ungewöhnlich“, betont Sozialdemokrat Wolff.

Die CDU-Sülzetal begrüßt die Entscheidung des Landkreises Börde, den Landesrechnungshof zu bitten, die Gemeinde Sülzetal bei ihrer weiteren Entwicklung im Sinne seiner Bürger zu unterstützen. „Der Landesrechnungshof steht als unabhängige Prüfbehörde dem Land, den Landkreisen und seiner kreisangehörigen Gemeinden hinsichtlich einer zukunftsorientierten finanz-, sozial- und wirtschaftlichen positiven Entwicklung zur Seite“, sagt der Vorsitzende der CDU Sülzetal, Alexander Herms.

„Es ist eine Farce, heute etwas zu prüfen, das bereits im Jahr 2009 hätte verhindert werden müssen“, empört sich der Vorsitzende der AfD-Ortsgruppe Sülzetal, Andreas Kühn. Im Jahr 2007 sei der Gemeinderat des Sülzetals „politisch durch die CDU dominiert worden. Die CDU wollte das PPP-Modell für die Ganztagsschule in Langenweddingen in Stein meißeln“.

Die CDU habe damals dem Gemeinderat einen 63-seitigen Vertrag vorgelegt, der unter anderem für 25 Jahre jährliche Bewirtschaftungskosten in Höhe von 562 000 Euro und ebenfalls jährliche Zins- und Tilgungskosten in Höhe von 346.000 Euro vorsah, so Kühn weiter. „Demnach belastet dieser Vertrag die Gemeinde mit insgesamt rund 22 Millionen Euro bis Ende 2034. Er ist das teuerste ,Persönliche-Prestige-Projekt‘ weit und breit.“

„Der Prüfauftrag wird das eigentliche Problem in Zusammenhang mit dem Bau und der Finanzierung der Schule nicht berühren. Dieser formale Prüfauftrag wird finanz- und verwaltungstechnische Punkte berücksichtigen. Das Problem der Ganztagsschule in Langenweddingen ist aber die Art der Debatte über den Standort – seinerzeit“, urteilt Friedrich Rabe, ehemaliges Mitglied der Fraktion „Die Linke“ im Gemeinderat und seinerzeit absoluter Gegner des PPP-Projekts, „ich bin mir sicher, dass dieser Prüfauftrag keine Verstöße finden wird, die zu Konsequenzen führen werden, auch wenn hier immense Zahlungen von der Gemeinde zu leisten sind.“