Schulleiter läuft mit Leidenschaft

Wanzleben/Berlin l Aufmerksam steht Steffen Armgart am Vormittag kurz nach 10 Uhr auf dem Hof der Ganztags- und Gemeinschaftsschule Wanzleben. Der leger in Jeans und T-Shirt gekleidete Schulleiter hält ein Schwätzchen mit Lehrerkollegen, ohne dabei die Kinder und Jugendlichen bei ihrer Hofpause aus den Augen zu lassen. Eingreifen muss der Mann mit der Kurzhaarfrisur nicht und geht zusammen mit seinen Schülern zurück zum Unterricht ins Gebäude. „Unsere Schule mit mehr als 400 Schülern ist schon eine Größe für Wanzleben“, sagt Armgart stolz.

Vor seiner Zeit als Schulleiter in Wanzleben war Armgart als stellvertretender Schulleiter in Magdeburg und als Hauptsportlehrer an der Gemeinschaftsschule des Sülzetals in Langenweddingen aktiv. In der Nachbargemeinde entdeckte er im Jahr 2009 seine Liebe zum Laufen und gründete an der Sekundarschule die Laufgruppe „Mini-Marathonis“. Armgart, der in Altenweddingen wohnt, wollte die Kinder und Jugendlichen zum regelmäßigen Sporttreiben auch außerhalb der Schule bringen und ihnen in der Gruppe eine feste Gemeinschaft bieten.

„Auch musste ich leider wegen Knieproblemen den Fußball aufgeben und entdeckte meine Leidenschaft für das Laufen“, blickt Armgart zurück. Mit den „Mini-Marathonis“ hat Armgart seitdem viele Laufveranstaltungen besucht. Die Gruppe, der heute etwa 40 Kinder und Jugendliche angehören, absolviert im Jahr bis zu zwölf Läufe.

In Magdeburg war es 2009 dann soweit. Steffen Armgart absolvierte seinen ersten Marathon und schaffte die 42,195 Kilometer lange Strecke durch die Landeshauptstadt. „Ich bin relativ unvorbereitet ins Rennen gegangen, was ich danach auch körperlich gespürt haben. Dennoch hatte ich Blut geleckt“, erinnert sich der 51-Jährige, der verheiratet ist und zwei erwachsene Kinder hat.

2010 hat Armgart dann bei strömenden Regen seinen ersten Berlin Marathon absolviert und reist seitdem jedes Jahr in die Hauptstadt, um mit bis zu 44.000 Laufverrückten wie 2017 den langen Kanten zu bewältigen. Dabei sei die Teilnahme nicht selbstverständlich, da die Startplätze jedes Jahr verlost werden, weil der Andrang so groß ist.

2017 bewarben sich etwa 70.000 Läufer auf die 44.000 Startplätze. Armgart hatte jedes Jahr Glück und gewann per Los einen Platz. Die Sorgen um einen Startplatz wird der Schulleiter ab 2019 nicht mehr haben. Dann absolviert er seinen 10. Berlin Marathon und wird als Belohnung dafür in den „Jubilee-Club“ aufgenommen. Läufer, die in diesem Club sind, bekommen dann ein lebenslanges Startrecht in Berlin.

Steffen Armgart rechnet damit, dass er seinen neunten Berlin Marathon am Sonntag mit einer Zeit von um die 4 Stunden und 30 Minuten absolvieren und zwischen dem 20.000. und 25.000. Platz ins Ziel kommen wird. „Zeit und Platzierung sind mir aber nicht so wichtig. Es ist vielmehr die fantastische Stimmung unter den Läufern und den vielen Zuschauern, die den Berlin Marathon so einzigartig macht“, sagt Armgart. Diese Stimmung genieße er in vollen Zügen und freue sich schon jetzt auf die interessanten Begegnungen und vielen Gespräche mit Sportlern aus aller Welt.

Um am Sonntag in Berlin nach 42,195 Kilometern nach dem Durchlaufen des Brandenburger Tores auf der Straße des 17. Juni mit Blick auf die Siegessäule unter den Augen Zehntausender Zuschauer unbeschadet ins Ziel zu laufen, hat Steffen Armgart in den Wochen vor dem 16. September sein Trainingspensum gesteigert. Bis zu 60 Kilometer legte er dabei pro Woche zurück. „Ich habe versucht, alle zwei Tage in die Laufschuhe zu kommen, um zu trainieren“, verdeutlicht Armgart. Dabei habe er drei Kilogramm Körpergewicht abgeworfen und fühle sich jetzt kurz vor dem Start top fit.

Mit der Startnummer 50.633 auf der Brust wird der laufverrückte Schulleiter am Sonntag die Farben Wanzlebens beim Berlin Marathon vertreten. Seinen Schülern und Kollegen muss Steffen Armgart dann am Montag sicher eine Menge erzählen.