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Kirchenältester Günter Lauenroth aus Groß Rodensleben Seit 40 Jahren Glöckner von St. Petri

Seit über 40 Jahren läutet der Groß Rodensleber Günter Lauenroth die Kirchenglocken von St. Petri mit der Hand. Die alte Tradition wird damit von ihm und seinen Helfern fortgesetzt. Warum ist das aber so?

Von Christian Besecke 08.07.2023, 17:19
Günter Lauenroth vor der großen Stahlglocke im Turm von St. Petri in Groß Rodensleben. Seit über 40 Jahren ist er Glöckner
Günter Lauenroth vor der großen Stahlglocke im Turm von St. Petri in Groß Rodensleben. Seit über 40 Jahren ist er Glöckner Foto: Christian Besecke

Groß Rodensleben - Drei Glocken hängen im Turm des Groß Rodensleber Gotteshauses. Sie künden durch ihr Geläut von festlichen Anlässen, informieren über traurige und fröhliche Begebenheiten, aber auch der Feierabend wird hier verkündet.

Darüber weiß der 70-jährige Günter Lauenroth bestens Bescheid, denn er ist praktisch der Glöckner von St. Petri und das schon über 40 Jahre. „Lange Zeit habe ich meist mit Jürgen Ulrich zusammen geläutet“, erzählt er. „Jetzt muss ich mir Hilfe von anderen begeisterten Einwohnern holen.“ Sein langjähriger Partner ist verstorben, und das macht den Groß Rodensleber traurig. Die Glocken müssen aber weiter erklingen und darum macht Günter Lauenroth als Mitglied und Ältester des Gemeindekirchenrats weiter.

„Früher hat die Aufgabe ein Gemeindediener übernommen“, erinnert sich Lauenroth, der seit 1986 die verantwortungsvolle Tätigkeit ausübt. Mit dem Ende der DDR-Zeit war das Läuten aber nicht mehr so gefragt und die Feierabendglocke blieb lange stumm.

Feierabendglocke funktioniert mit Strom

Heute ist sie elektrifiziert und kündet automatisch vom Ende der Arbeit. „Das trifft heute zwar nicht mehr ganz genau zu, aber früher war das sehr wichtig“, erklärt der Glöckner. Da waren die Menschen auf den Feldern unterwegs und um 11 Uhr erfuhren sie, dass die Mittagszeit heranrückte, während es um 17 Uhr Zeit für den Nachhauseweg wurde. Dieses typische Geläut für die Dörfer in der Börde erklingt seit etwa zehn Jahren wieder. Es ist mit der Kirchturmuhr gekoppelt.

„Es würde aber auch ganz schon Zeit erfordern, dass manuell zu machen“, befindet der 70-Jährige. Kein Wunder also, dass die Feierabendglocke seit der Wende stumm blieb. Die Taufglocke und die große Glocke seien dagegen sehr besonderen Anlässen vorbehalten, und die werden in Groß Rodensleben nach wie vor per Hand und Muskelkraft verkündet. Wobei die kleinere Taufglocke von einer Person zu bedienen ist. Der große Koloss in der Mitte des Glockenstuhls braucht aber zwei starke Männer, damit er erklingen kann.

„Einer schiebt an und der andere sorgt für den Klang“, beschreibt der Glöckner das Prozedere mit einem Augenzwinkern. Anlässe dafür gibt es in der heutigen Zeit genug. Da wären die kirchlichen Feste, Hochzeiten, Gottesdienste und vieles mehr. „Klar, zu Silvester erklingt die Glocke auch“, versichert Günter Lauenroth. Er spricht dann Nachbarn, bekannte und Freunde wie Holger Schoppe oder Berthold Fricke an- und los geht es zur Kirche.

Das Läuten mit der Hand stellt auch eine Art von Heimatgefühl dar. Das wollen die Groß Rodensleber nicht missen. Die drei Glocken waren einst aus Bronze. Im ersten Weltkrieg wurden sie allesamt eingeschmolzen und später 1921 durch Stahlglocken ersetzt. „Das war ungewöhnlich, da eine Bronzeglocke in der Kirchen verbleiben durfte“, weiß der Glöckner. Warum das so geschehen ist, lässt sich heute nicht mehr erkunden.

Heiratsantrag direkt unter der Glock

Die drei Stahlglocken haben für Geläute dieser Art einen vortrefflichen Klang. „Das haben Untersuchungen von Spezialisten ergeben“, erinnert sich Günter Lauenroth. Für den 70-Jährigen ist sein Einsatz immer ein Erlebnis. An eine durchaus rührende Begebenheit erinnert er sich gern zurück. „Da hat mein langjähriger Freund und Partner seiner zukünftigen Ehefrau den Heiratsantrag gemacht“, berichtet er. Das geschah bei einem Besuch im Turm – direkt und auf den Knien vor der großen Glocke. „Ich war überrascht und ebenfalls unglaublich gerührt“, sagt Günter Lauenroth.