Gähnende Leere im schönen Naturbad in Warsleben Sonne, Sommerwind und Sandstrand - Doch wo bleiben 2011 nur die vielen Badegäste?
Das idyllisch gelegene Naturbad in Warsleben lockt mit Sandstrand, klarem Wasser und sogar einem abgetrennten Bereich für Angler. Dennoch verirren sich nur zehn bis 20 Gäste dorthin. Die Volksstimme hat sich auf die Suche nach den Gründen begeben. Liegt es am Pächter? Ist das schlechte Wetter schuld? Oder trauen sich die Besucher nur noch in mit Chlor versetztes Wasser?
Warsleben. Eigentlich sollten Kinder im Wasser planschen, Mütter sich auf der Liegewiese sonnen, Zeitung lesen, Jungs und Mädels sich vom Sprungbett ins frische Nass stürzen und Angler auf einen dicken Fang hoffen. Doch im Naturbad in Warsleben herrscht stattdessen gähnende Leere. Es gleicht einem Totentanz. Einzig zwei Ein-Euro-Jobberinnen schippern in ihrem Boot an diesem schönen Sommertag über den See und fischen mit Netzen Stöcke und Grünzeug aus dem Wasser. "Ja, das ist hier jeden Tag so", sagt Sonja Hoßbach und zieht grübelnd an ihrer Zigarette. "Keine Menschenseele kommt hier her. Außer uns! Wir sind hier den gesamten Vormittag über und sorgen für Ordnung und Sauberkeit." Sonja Hoßbach und ihre Kollegin Christiane Bock harken den Sand, beschneiden die Bäume und reinigen das Wasser.
Auslebens Ortsbürgermeister Dietmar Schmidt hat eine ganz eigene Theorie für den ausbleibenden Besucheransturm. "Viele legen Wert auf gechlortes Wasser, scheuen sich vor dem See, in dem ja auch Fische schwimmen", glaubt er. "An Sommertagen sind andere Freibäder voll, während sich in Warsleben niemand ins Wasser traut." Ist das Naturbad einfach zu viel Natur für die meisten Wasserratten?
Unverständlich ist diese These auch für den Pächter des Naturbades, René Pape. Er hat im Mai 2009 den Pachtvertrag mit Auslebens Gemeinde geschlossen. "Dieses Bad ist zum Scheitern verurteilt. Die Menschen trauen sich nicht in das natürliche Wasser." Aber kann wirklich ein Mangel an Chlor und Chemikalien der Grund sein, warum in Warsleben niemand ausgelassen im Wasser planscht? Sonja Hoßbach glaubt, dass es eine andere Ursache gibt. Sie kritisiert ganz offen Betreiber René Pape und seinen Rettungsschwimmer. "Ich bin jeden Morgen hier. Ganz oft kommt der Rettungsschwimmer zu spät oder aber er kommt erst gar nicht zur Arbeit. Das ist schon vorgekommen."
Auch Dietmar Schmidt vermutet, dass es der Betreiber nicht ganz so genau mit den Öffnungszeiten nimmt. Muss er auch nicht, sagt René Pape, der hauptberuflich eine Computerfirma in Völpke betreibt. Er erwidert auf die Vorwürfe, dass er auf der Grundlage des Pachtvertrages, die Öffnungszeiten selbst bestimmen könne. Außerdem sei es ihm auch finanziell nicht möglich, einen Bademeister für den ganzen Tag zu bezahlen, wenn der Himmel voller Wolken hängt und sowieso keine zahlenden Gäste erscheinen. "Dieser Sommer war bisher so durchwachsen. Und wenn das Wetter nicht mitspielt, bleiben die Gäste aus. Trotzdem müsste ich für den ganzen Tag den Rettungsschwimmer bezahlen", erklärt er die verzwickte Situation. Selbst wenn die Sonne einmal scheint und Temperaturen jenseits der 30 Grad locken, kommen nur zwischen zehn und 20 Gäste in das Bad, sagt René Pape. "Und im Pachtvertrag ist ausgemacht, dass die Öffnungszeiten meine Sache sind."
Tatsächlich hat das Naturbad für Gäste von elf Uhr morgens bis 19 Uhr geöffnet. In der kommenden Woche soll - sofern die sommerlichen Vorhersagen auch eintreffen - das auch ganz gewiss so sein. "Ich hoffe, dass wirklich mehr Leute den Weg ins Bad finden. Nur dann lohnt sich der Aufwand auch."
Im kommenden Jahr wird René Pape wohl als Pächter nicht mehr zur Verfügung stehen. "Die Leute gehen einfach lieber in gechlorte Bäder." Das Planschvergnügen in Warsleben sei zwar in seinen Augen ein Kleinod, das man besuchen sollte. "Aber leider gehen da die Meinungen auseinander."
Dass niemand zum Baden kommt, war nicht immer so. Zu DDR-Zeiten tummelten sich pro Tag 300 bis 400 Badegäste auf dem Gelände. Das idyllisch gelegene Naturbad hat übrigens eine lange Geschichte hinter sich. Der ehemalige Bürgermeister von Ausleben, Karlheinz Röper, hat in Unterlagen das Jahr 1922 als Entstehungsjahr gefunden. Früher war hier mal eine Sandgrube, die dann mit Wasser vollgelaufen ist. Auch heute fließt noch stetig Oberflächenwasser zu, sodass die Grundlage für ein Badevergnügen ständig gegeben ist. Zum Bad gehören Sanitäreinrichtungen und eine Umkleidekabine. Der See ist in einen Nichtschwimmer- und einen Schwimmerbereich geteilt, der Sandstrand bietet Jung und Alt Platz für allerhand Freizeitaktivitäten. Der Sprungturm ist vor allem bei jungen Leuten sehr beliebt. Auch die Imbissversorgung war bisher immer möglich. Früher hat die Gemeinde das Naturbad selbst betrieben und auch dafür gesorgt, dass Schwimmmeister zur Absicherung vor Ort sind. Doch weil es eine gewaltige finanzielle Belastung für den Gemeindehaushalt war, entschied man sich, das Bad zu verpachten, um das Naturbad mit möglichst niedrigen Kosten zu bewirtschaften. So wie es aussieht, muss die Gemeinde im kommenden Jahr einen neuen Pächter finden. Zwar kommen kaum Gäste nach Warsleben zum Baden, aber es ist wie mit vielem im Leben: Manchmal muss man erst etwas verlieren, um zu merken, wie sehr es einem ans Herz gewachsen ist. Denn ist das Bad erst einmal nicht mehr geöffnet, weil sich kein neuer Pächter gefunden hat, dann ist das Geschrei in der Bevölkerung groß. Und so ein erfrischendes Bad in einem naturbelassenen Gewässer ist eigentlich ein saubereres Erlebnis, als in einem gechlorten Pool schwimmen zu gehen.