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Tierzucht Strauße erobern die Börde

Mitten in der Börde sind die Strauße los. Auf einer Farm bei Klein Wanzleben züchten Ampfurther die großen Laufvögel.

Von Mathias Müller 29.10.2019, 05:00

Klein Wanzleben l Wenn sich Patrick Graf mit seinem weißen Transporter dem Gatter in der Feldflur bei Klein Wanzleben nährt, dann kommen die Strauße bereits angelaufen. Die Laufvögel wissen, jetzt gibt es Futter. Der Ampfurther Patrick Graf (32) und seine Lebensgefährtin Stephanie Reddel (32) betreiben im Nebenerwerb die Straußenfarm Ampfurth.

2016 haben Graf und Reddel ihren Hofladen in Ampfurth eröffnet. Ein Jahr zuvor hat Graf einen Sachkundenachweis auf der Straußenfarm in Donaumoss in Bayern abgelegt, der ihn zum Züchten der Tiere berechtigt. Dass der Ampfurther Strauße züchtet, geht seinen Worten nach auf eine Wette mit seinem Vater zurück. „Er sagte, das schaffst du nicht“, erinnert er sich. Doch Graf schafft es. Heute hält der Züchter 25 Strauße verschiedenen Alters auf seiner zwei Hektar großen Farm, die sich idyllisch in die Landschaft bei Klein Wanzleben einbettet. „Mein Ziel sind 40 Tiere“, gibt Graf zu verstehen.

Vor wenigen Wochen musste Graf einen Verlust erleiden, der so nicht vorherzusehen war. Noch unbekannte Diebe stahlen von seiner Farm ein etwa zwölf Wochen altes Küken, das bereits eine Körperhöhe von einem Meter hatte. Die Diebe müssen über den Zaun gestiegen sein und dem Jungstrauß einen Sack über den Kopf gezogen haben. Am nächsten Morgen habe Graf 50 Kilogramm Weizen auf der Erde zerstreut vorgefunden, der Sack war weg. „Hier draußen hört man nichts“, sagt der Züchter angesichts des möglichen Spektakels, dass das Tier gemacht haben müsse.

Den Wert des gestohlenen Tieres beziffert Graf auf 300 Euro. Wäre das Küken nach einem Jahr zu einem stattlichen Strauß mit einer Höhe vom Fuß bis zum Kopf von bis zu 2,40 Metern herangewachsen, hätte es bis zur Schlachtung einen Marktwert von 1500 Euro gehabt. Für den Ampfurther ein großer finanzieller Verlust, der ihn jedoch nicht davon abhalte, mit der Zucht weiterzumachen. Dass Graf das gestohlene Straußenküken wieder sehe, halte er für sehr unwahrscheinlich. Die Diebe werden das Jungtier schnell geschlachtet haben, denn niemand stelle sich plötzlich einen Strauß in den Garten. Das sei viel zu auffällig.

Von Beruf ist Patrick Graf Schädlingsbekämpfer. Für eine Firma aus den Niederlanden ist er als Festangestellter in der ganzen Bundesrepublik unterwegs, um bei Landwirten in ihren Tierställen Schädlinge zu bekämpfen. „Oftmals schleppen die Tiere von den Weiden Schädlinge in den Stall, die ihr Wohl gefährden“, gibt er zu verstehen.

Die Zucht der Strauße auf seiner Farm bei Klein Wanzleben ist für Patrick Graf ein Hobby. „Ich muss damit kein Geld verdienen. Jedoch darf es kein Zuschussgeschäft sein und es muss etwas hängen bleiben“, sagt er. Schließlich seien die Kosten für Futter, Tierarzt und Behörden enorm. Für seine Tiere fühle er sich verantwortlich und lege Wert auf deren gesunde Ernährung. Deshalb verfütterte er nur Weizen und verwende keine Medikamente, um das Wachstum zu beschleunigen.

Jeden Tag ist Patrick Graf draußen bei seinen Straußen und versorgt sie mit Weizen und kümmert sich um die Pflege der Gehege. Die Aufzucht seiner Blauhalsstrauße dauert vom Schlüpfen des Kükens aus dem Ei bis zum ausgewachsenen, schlachtreifen Tier etwa ein Jahr. „Die Tiere wachsen etwa einen Zentimeter pro Tag. In den ersten sechs Monaten wachsen sie enorm, der Fleischansatz dauert bis zum zehnten Lebensmonat“, beschreibt Graf den Werdegang seiner Strauße. Haben die Tiere ein Alter von zehn bis zwölf Monate und ein Gewicht von etwa 100 Kilogramm erreicht, sind sie schlachtreif. Dann fährt Graf die Laufvögel in einem Viehanhänger zum Straußen-Damwildhof Halamunda in Raguhn-Jeßnitz bei Dessau-Roßlau, wo sie „tierschutzgerecht getötet werden“, wie der Ampfurther versichert. „Ich bin bei jeder Schlachtung dabei. So kann ich auch sicher gehen, dass das auch Fleisch von meinen Tieren ist“. sagt der Züchter.

Pro 100-Kilo-Strauß bleibe einen Fleischausbeute von 30 Kilogramm übrig. Doch neben dem Fleisch sind die weiteren Bestandteile des Tiere nicht verloren. Die Federn werden zu Staubwedeln verarbeitet. Die Haut geht in den Export nach Frankreich, wo daraus in Werkstätten hochwertige und teure Handtaschen und Portemonnaies handgefertigt werden. Im Hofladen Ampfurth selbst werden aus dem Fleisch der Strauße Steaks, Grillwürste, Burger oder Schinken und Leberwurst hergestellt. Auch Eierlikör oder Leberpaste mit Preiselbeeren sind als besondere Geschmackserlebnisse im Angebot. „Unser Fleisch ist zwar teurer, aber auch hochwertiger“, gibt Patrick Graf zu verstehen. Gerade vor Ostern und Weihnachten gehe das Geschäft sehr gut, weil sich die Menschen zu den Festen etwas Gutes und ganz Besonders gönnen möchten.