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Asylbewerber Wernigerode ist auf Wohnungssuche

Die Stadtverwaltung Wernigerode sucht Wohnungen für Asylbewerber. Erschwerend sind die Mietobergrenzen des Kreises.

Von Jörn Wegner 24.11.2015, 00:01

Wernigerode l Etwa 270 Asylbewerber erwartet Wernigerode im kommenden Jahr. Da die Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber (ZASt) des Landes in Halberstadt liegt, mussten die Kommunen des Harzkreises bislang keine weiteren Geflüchteten aufnehmen. Das wird sich mit Jahresbeginn ändern.

Während in vielen Harz-Gemeinden Wohnungsleerstand herrscht, ist der Markt in Wernigerode weniger entspannt. Die Leerstandsquote liegt mit 6,8 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt (zirka vier Prozent), aber unter dem ostdeutschen Schnitt von über neun Prozent. „Sehr wenige Wohnungen“ gebe es in Wernigerode für die Asylbewerber, sagt Sozialdezernent Andreas Heinrich, der die Flüchtlingsarbeit in der Stadt koordiniert. Der Landkreis weise den Kommunen Flüchtlinge und Asylbewerber zu, deren Verwaltungen müssten sich dann um die Beschaffung von Wohnraum kümmern. Die Mietkosten übernimmt der Kreis.

Hier liegt für Wernigerode das größte Problem, sagt Heinrich. Die Mietobergrenzen für die Flüchtlingswohnungen richten sich nach den für Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfänger gültigen Tabellen, den „Kosten der Unterkunft“ (KdU). „Diese liegen schon seit Jahren an der unteren Grenze des Mietsegments“, sagt Heinrich. Für Bezieher von Hartz IV sei es sehr schwer, eine Wohnung in Wernigerode zu finden.

Anders als bei Sozialhilfe- und Hartz-IV-Beziehern dürfen die Wohnungen allerdings mit doppelt so vielen Personen belegt werden. Ein Beispiel: Ist bei einer vierköpfigen Familie im Hartz-IV-Bezug eine Wohnungsgröße von 75 bis 85 Quadratmetern vorgesehen, so können auf derselben Fläche bis zu acht Asylbewerber untergebracht werden.

Das sei einer der Punkte, über die weiter geredet werden müsse, sagt Heinrich. Um das Wohnungsproblem zu lösen, sucht der Dezernent nach Wohnungen, nicht nur bei der städtischen Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft, sondern auch bei privaten Vermietern.

Diese müssten aber die vorgegebenen Mietobergrenzen einhalten. Die Ansprüche bei den Wohnungen sind bescheiden: „Sie müssen beheizbar sein“, sagt Heinrich. Bäder und Toiletten müssen benutzbar und die Wohnung darf nicht gesundheitsgefährdend sein. Mit baufälligen Häusern und Wohnungen mit Schimmelbefall könne die Stadt nichts anfangen. Nur neun private Wohnungen seien bislang angeboten worden.

Warum ist das Wohnungsangebot in Wernigerode trotz Bevölkerungsrückgangs und reger Bautätigkeit so begrenzt. Es liege zum Beispiel an zugezogenen Studenten, die in der Stadt Wohnraum benötigen, ihren Wohnsitz aber nicht in Wernigerode anmelden, erklärt Heinrich. Dadurch finden sie sich nicht in der Bevölkerungsstatistik wieder. Zudem würde heutzutage viel mehr Fläche pro Kopf beansprucht. In Wohnungen, in denen früher eine ganze Familie gelebt habe, würden nach dem Auszug der Kinder oftmals die Eltern allein zurückbleiben.

Einen gewissen Leerstand kann die Wernigeröder Wohnungsbaugenossenschaft (WWG) vorweisen. Etwa fünf Prozent des Bestandes sind derzeit unbewohnt, sagt WWG-Vorstand Hans-Jürgen Lange. Für eine Genossenschaft gelten aber gänzlich andere Bedingungen als für eine städtische Wohnungsbaugesellschaft oder für private Vermieter.„Wer übernimmt die Genossenschaftsanteile?“, fragt Lange. Diese liegen über den üblichen Kautionen bei anderen Vermietern. Die Anteile sind neben einer Mitgliedschaft in der Genossenschaft aber Bedingung, um eine Wohnung nutzen zu dürfen.

Eine andere Situation als in Wernigerode herrscht in Thale. Etwa zwölf Prozent der Wohnungen stehen dort leer. Es sei einerseits „ein Glücksfall“, dass die Asylberwerber den Leerstand nun verringern, sagt Flüchtlingskoordinator Frank Hirschelmann. Andererseits würden die vom Kreis bezahlten Mieten „nicht mehr den heutigen Gegebenheiten entsprechen“. Die Wohnungsbaugesellschaft würde mit diesen Mieten keinen Gewinn erwirtschaften, aber auch keinen Verlust einfahren.

Dass mehr Asylbewerber in Städten mit hohem Leerstand und niedrigen Mieten untergebracht werden, sei nicht möglich, heißt es aus der Kreisverwaltung. Die Verteilung auf Bundes- wie auf Kreisebene richtet sich nach dem Königsteiner Schlüssel. Dieser berücksichtigt unter anderem Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft.

Zur Miethöhe heißt es in der schriftlichen Auskunft: „Der Landkreis prüft den avisierten Mietpreis, wobei die im Landkreis Harz gültige KdU-Richtlinie zu Grunde gelegt wird.“