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  7. 300 Euro für neue Gartenzähler - Wernigeröder fühlen sich abgezockt

Volker Thurm fordert Abwasserverband auf, Verwaltungsgebühr und Zählermiete zu streichen 300 Euro für neue Gartenzähler - Wernigeröder fühlen sich abgezockt

Von Michael Pieper 11.04.2013, 01:16

Die neue Verwaltungsgebühr für die Nutzung von Gartenzählern und der Zwang, diese vom Abwasserverband mieten zu müssen, deuten Volksstimme-Leser als Abzocke. Ein Wernigeröder fordert den Verband auf, die Gebühren wieder zu streichen.

Wernigerode l Die Volksstimme-Berichterstattung über die Einführung einer neuen Verwaltungsgebühr beim Wasser- und Abwasserverband Holtemme-Bode hat in Wernigerode hohe Wellen geschlagen. Am Lesertelefon und per E-Mail haben Grundstücksbesitzer ihren Unmut über die "Abzocke des Verbands" geäußert.

Dr. Volker Thurm treffe die im Vorjahr geänderte Gebührensatzung besonders hart. Der Hauseigentümer aus Hasserode bewirtschafte ein etwa 600Quadratmeter großes Grundstück mit Blumenbeeten, Rasen, Sträuchern und Bäumen. An trockenen Sommertagen greife Thurm auf Leitungswasser zurück, um den Vorgarten grün zu halten. An beiden Seiten des Hauses habe er Gartenzähler installiert, um dem Abwasserverband zu beweisen, wieviel Wasser beim Gießen im Boden versickert. Dank dieser Zähler werde das so genutzte Wasser von der Abwasserrechnung abgezogen.

"Allein die Miete kostet, auf sechs Jahre gerechnet, zehnmal so viel wie mein Zähler aus dem Baumarkt."

Volker Thurm, Hausbesitzer

Die Zähler habe Volker Thurm zum Einzelpreis von 14,99Euro im Baumarkt gekauft und selbst eingebaut. "Wer sich das nicht zutraut, kann das selbstverständlich auch von einem Klempner erledigen lassen." Doch diese Zeiten sind nun passé. Der Wasser- und Abwasserverband Holtemme-Bode hat selbst angebrachte Gartenzähler verboten. Wer sein Gießwasser extra abrechnen lassen will, muss künftig einen verbandseigenen Zähler anmieten.

"Das ist sittenwidriger Wucher und Erpressung", sagt Volker Thurm. Er habe ausgerechnet, dass er für sechs Jahre - das ist die Eichfrist der Zähler - statt bisher 14,99Euro nun mehr als 300Euro pro Zähler zahlen müsste (siehe Infokasten). "Allein die Zählermiete kostet, auf sechs Jahre gerechnet, zehnmal so viel wie mein Zähler aus dem Baumarkt". Auch für die Erhebung einer Verwaltungsgebühr für die Abrechnung des Gartenwassers hat der Wernigeröder kein Verständnis. "Warum soll ich für einen Verwaltungsaufwand bezahlen, den ich selbst leiste?" Den Zählerstand lese er selbst ab und übermittelt ihn an den Verband. "Die Kosten von der Gesamtrechnung abzuziehen, kann doch keine 10,25Euro kosten", sagt er.

Volker Thurm findet "es unverständlich, wie die Verbandsversammlung dieser Satzung zustimmen konnte". Zu dieser Versammlung gehören unter anderem Wernigerodes Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) sowie mehrere Wernigeröder Stadträte, Oberharz-Bürgermeister Frank Damsch (SPD) und Ilsenburgs Bürgermeister Denis Loeffke (CDU). Auch der Wernigeröder Stadtrat Helmut Porsche (Haus Grund) hatte der geänderten Gebührensatzung am 20. Juni 2012 zugestimmt, in der auch die Verwaltungsgebühr aufgeführt ist. "Über alle Einzelposten wurde dabei aber nicht berichtet", erinnert sich Porsche an die Abstimmung. Und: "Es gibt doch Schlimmeres, als diese 10,25 Euro."

Ebenfalls Einblick in die novellierten Gebühren hatte die Kommunalaufsicht, der die Satzung vor Inkrafttreten vorgelegt wurde. Manuel Slawig, Pressesprecher der Kreisverwaltung, auf Volksstimme-Nachfrage: "Es gab keinen Anlass, die Beträge anzuzweifeln. Die Kommunalaufsicht geht bei solchen Satzungen davon aus, dass die Gebührenhöhen rechtmäßig ermittelt worden sind." Und: "Selbstverständlich steht es jedem Kunden frei, Widerspruch gegen den Gebührenbescheid einzulegen."

Volker Thurm fordert die Mitglieder der Verbandsversammlung auf, "die Änderungen der Gebührensatzung zurückzunehmen". Auch, weil die Mehrbelastung im Widerspruch steht zum Wunsch der Städte, die Bürger sollen auf ihren Grundstücken für viel Grün und ein schönes Erscheinungsbild sorgen.

Hintergrund: Grundsätzlich stellt der Wasser- und Abwasserverband Holtemme-Bode genau die Abwassermenge in Rechnung, die zuvor von den Stadtwerken eingespeist wurden. Im Garten vergossenes Wasser kann nur auf Antrag und unter Nutzung eines Extrazählers abgerechnet werden.