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Ärztin Elisabeth Werner schließt Praxis in Hüttenrode Aus der Pflicht ist eine heimliche Liebe geworden

Von Andreas Bürkner 07.03.2012, 04:22

In Hüttenrode geht eine Ära zu Ende. Die Ärztin Elisabeth Werner schließt nach ihrer Sprechstunde am 23. März für immer die Praxistür, um in den Ruhestand zu gehen. Einen Ersatz wird es für Patienten in Hüttenrode vorläufig nicht geben, sie müssen nach Blankenburg fahren.

Hüttenrode/Rübeland l Längst pfeifen es die Spatzen von den Dächern, doch so richtig wahrhaben will es niemand. In wenigen Tagen schließen die Arztpraxen von Elisabeth Werner in Hüttenrode und Rübeland für immer ihre Pforten. "Dass es so schnell geht, habe ich vor einigen Wochen selbst nicht geahnt", bekennt die rüstige Medizinerin, die in wenigen Tagen ihren 65. Geburtstag feiert. Doch die Ereignisse hätten sich zuletzt fast überschlagen.

"Im April macht sich Frau Peerpet-Kasper als Hausärztin in Blankenburg selbständig", erläutert Elisabeth Werner. Dies habe ihre Entscheidung wesentlich erleichtert. "Sie erklärte sich bereit, meine Patienten zu übernehmen."

Doch wohin mit den beiden Assistentinnen? Kathrin Freystein verlässt die Region, Michaela Glanz wechselt zum zweiten Quartal in die neue Blankenburger Praxis von Dr. Susanne Perpeet-Kasper. "Gut, dass sie bleibt", freut sich deshalb Patientin Melitta Dick auf die Zukunft.

"Zum 1. April gehe ich in Rente, das ist kein Aprilscherz."

Elisabeth Werner

"Zum 1. April gehe ich in Rente, das ist kein Aprilscherz", betont Elisabeth Werner mit einem Schmunzeln. Schon schiebt sie den Grund nach: "Kurioserweise habe ich 1978 in Rübeland einst an einem 1. April angefangen."

Die geborene Bernburgerin studierte in Halle und absolvierte im thüringischen Meiningen die Facharztausbildung zur Allgemeinmedizinerin, bevor sie in den Harz kam.

1979 stand sie auch in Hüttenrode für Wehwehchen, aber auch Sorgen als "Frau Doktor", wie Elisabeth Werner von den Patienten und Bewohnern nur angesprochen wird, zur Seite. "Ich bin Diplom-Medizinerin", stellt Werner in Zeiten von Plagiatsvorwürfen klar. "Wichtiger aber ist, dass ich den Leuten helfen konnte." Vor 33 Jahren sei sie zu ihrem Amt in Hüttenrode, damals noch in der Grimmengasse, eher gedrängt worden, erinnert sich die Ärztin. "Längst habe ich die Menschen hier liebgewonnen." Sie fühle sich wohl im Ort und fand dankbare Patienten für ein gutes Miteinander. "Sie hat sich immer Zeit für uns genommen", loben ihre Patienten. "Ich könnte heulen", sagt Ilona Wegener zum Abschied sichtlich bewegt. "Immer war sie für uns da, sogar nachts."

"Alle haben nur die beste Meinung über sie", bestätigt Michaela Glanz, die seit gut 20 Jahren in der Praxis arbeitet.

In beiden Orten werden sich die Türen wohl für immer schließen, auch wenn die Mitglieder des Ortschaftsrates in Hüttenrode jüngst über einen Ersatz diskutierten - vermutlich zu spät. "Meine Existenz wurde von den Ortsoberen als selbstverständlich hingenommen", staunt die fast 65-Jährige über zuvor wenig Interesse und nun die hektischen Reaktionen. Besonders gewürdigt fühlt sie sich trotz der heimlichen Liebe zu den Bürgern in dieser Zeit nicht.

Auch der Wienröder Klaus Erbstößer muss nun wieder den Arzt wechseln. Nach der Schließung der Praxis in seinem Wohnort fand er zu Elisabeth Werner. Nun muss auch er nach Blankenburg fahren. "Bald gibt es Ärzte nur noch in großen Städten", mutmaßt Erbstößer.

Am 23. März ist Elisabeth ein letztes Mal für ihre Patienten zu sprechen. "Es ist zugleich die letzte Chance, Unterlagen für den künftigen Hausarzt anzufordern", erklärt sie. Danach räumt sie noch auf. Dann widmet sie sich anderen Dingen: "Ich will viel in der Natur unterwegs sein und mich noch stärker in der Kirche engagieren, sagt sie. "Mir wird da schon genug einfallen."

Nach dem 31. März sind Anfragen zu Unterlagen schriftlich an Elisabeth Werner, Susenburger Straße 62 b, 38889 Rübeland zu richten.