1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. 210 PS geballte Rennkraft

EIL

Autoserie 210 PS geballte Rennkraft

Einen Rennwagen nennt Wernigeröder Andreas Nüsser sein Eigen. Sein Honda Integra Type R wird demnächst 20 Jahre alt.

Von Julia Bruns 12.10.2017, 01:01

Wernigerode l Wer denkt, dass Rennautos bunt lackiert sein müssen, wird bei diesem Exemplar eines Besseren belehrt: Andreas Nüsser aus Wernigerode hat seinen Honda Integra Type R bewusst in der Originalfarbe Weiß belassen, berichtet er im Volksstimme-Gespräch. Das Fahrzeug, das von 1998 bis 2001 in limitierter Stückzahl gebaut wurde, sei seinerzeit nur in den Farben Weiß, Rot und Schwarz nach Deutschland geliefert worden. „Jeder Wagen wurde ab Werk mit einer Metallplakette versehen, aus der die Nummerierung ersichtlich ist“, erläutert der gebürtige Westfale und verweist auf seine Plakette mit der Nummer 1146. Das Auto stammt aus dem März 1998. „Er war somit einer der Wagen, die zuerst ausgeliefert wurden.“

Andreas Nüsser ist vor allem von der Technik begeistert, die in seinem Wagen steckt: Der Honda – auch „Gruppe N-Rennwagen mit Straßenzulassung“ genannt – wird mit einem 1,8-Liter-Saugmotor mit der von Honda entwickelten VTEC–Ventilsteuerung angetrieben. „Er bringt es auf 190 PS bei 8000 Umdrehungen pro Minute und war bereits serienmäßig mit einer mechanischen Differentialsperre versehen“, so der Jurist. „So ein Auto war vom Zeitpunkt des Erscheinens an absolut interessant – aber kaum zu bekommen“, sagt er.

Der heute 55-Jährige verdankt es einem befreundeten Kfz-Mechaniker, dass er Anfang des Jahres 1999 seinen Honda Integra kaufen konnte. Mit Glück und einer gewissen Hartnäckigkeit kam Andreas Nüsser an den Vorführwagen mit nur wenigen Kilometern Laufleistung. Um sich den Wagen als Berufsanfänger leisten können, gab er zwei Autos in Zahlung – unter anderem seinen geliebten Mini. Doch der Einsatz habe sich gelohnt – der ersten Fahreindruck sei überwältigend gewesen. „Wo andere Autos aufhörten zu beschleunigen, fing der Integra erst an, richtig hochzudrehen.“

Nach und nach habe er sich an die Grenzen des Integras heranarbeiten müssen. „Das geschah natürlich nicht im normalen Straßenverkehr“, wie er betont. Denn mit kleineren Unterbrechungen ist Andreas Nüsser seit 1987 im Motorsport aktiv; er fährt Slalom und Bergrennen. Das sei das Umfeld, in das der Honda Integra Type R gehöre. Eigentümer und Auto seien von Anfang an eine erfolgreiche Kombination gewesen.

Da das Auto zu Beginn noch straßenzugelassen war, startete er in der Serienklasse. Trotz zahlreicher Rennen präsentiert sich das Fahrzeug heute unfallfrei und ohne Kratzer. Den Honda habe er ausschließlich für den Motorsport konzipiert und aufgebaut, bis heute wird nur auf Rennstrecken bewegt – und das recht erfolgreich. Mit seinem Wagen hat Andreas Nüsser im Laufe der Jahre in Klassen-, Gruppen- und Gesamtsiegen über 200 Pokale gewonnen.

Demnächst feiert sein Honda den 20. Geburtstag. Während sich sein Auto äußerlich im Originalzustand befindet, steckt im inneren die neueste Technik. Durch den Einbau reiner Renntechnologie hat der Integra mittlerweile knapp 210 PS. Dank Änderungen am Getriebe beschleunigt das Auto in unter fünf Sekunden auf 100 Stundenkilometer. Zudem wurde das Auto von überflüssigem Gewicht befreit und das Fahrwerk bereits mehrfach auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Der Wagen ist aufgrund der Veränderungen mittlerweile nicht mehr straßenzugelassen.

Weil sein Auto ein Exot ist, gestaltete sich die Beschaffung entsprechender Technologie schwierig. „Entweder musste alles einzeln angefertigt oder direkt in Japan bestellt werden – das Ganze ist zwar aufwendig, aber machbar“, so Nüsser. „Ich wollte aber immer, dass er äußerlich als Honda Integra Type R zu erkennen ist. Es gibt ohnehin kaum noch welche“.

Ob er sein Auto jemals wieder hergeben würde? „Eher nicht“, sagt der 55-Jährige. „Es gibt zwar Menschen, die sich nach 20 Jahren Ehe scheiden lassen – aber mir würde etwas fehlen“, sagt er. Das Auto sei viel zu selten und für ihn einfach „etwas Besonderes – das ist dann alles nicht mehr die Frage eines Preises, und sei er noch so hoch“.