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Pflegefamilie bei Wernigerode nimmt Mädchen und Jungen auf Zeit bei sich auf Bei Frellstedts ist immer Kindertag: Paar bietet drei Mädchen ein echtes Zuhause

Von Julia Angelov 01.06.2012, 03:24

Der heutige Tag gehört den Kindern. Es gibt aber auch Mädchen und Jungen, für die niemals Kindertag ist, die Opfer von Gewalt wurden und von ihren Eltern vernachlässigt werden. Oft wachsen sie in Pflegefamilien wie den Frellstedts auf.

Wernigerode l Ganz stolz zeigen die drei Mädchen ihre hübsch eingerichteten Zimmer. Selbst gemalte Bilder hängen an den Wänden, auf dem Tisch liegen Puppen. Die drei Kinder lachen und laufen zu ihrer Mama, die sie ganz fest in ihre Mitte nehmen und umarmen. Doch Ines Frell-stedt ist nicht die leibliche Mutter der vier, fünf und zehn Jahre alten Mädchen. Sie ist seit neun Jahren Pflegemutter - und das mit Leib und Seele. "Wir sind eine Familie. Aber es sind Kinder auf Zeit", sagt sie. "Das heißt, dass sie regelmäßig Kontakt zu ihren leiblichen Eltern haben und möglicherweise auch irgendwann zu ihnen zurückkehren können."

Ines und Michael Frellstedt sind in zweiter Ehe miteinander verheiratet. Aus erster Ehe haben beide jeweils einen Sohn. Patrick (15) und Philipp (26) haben die Mädchen, die alle als Kleinkinder in der Familie empfangen wurden, genauso in ihr Herz geschlossen. Sie sehen sich mittlerweile als ihre großen Brüder.

Weil ihr gemeinsamer Kinderwunsch lange unerfüllt blieb, erkundigte sich das Paar beim Wernigeröder Jugendamt, welche Möglichkeiten es noch gäbe. "Daraufhin besuchten wir drei Monate einen Kurs für angehende Pflegeeltern und entschieden uns, das auszuprobieren", erzählt die sportliche Frau. "Wir begleiten die Kinder beim Heranwachsen und geben ihnen ein echtes Zuhause", erklärt sie ihre Motivation. "Es ist eine echte Aufgabe, die wir erfüllen."

Die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Kinder irgendwann einmal zu ihren Eltern zurückkehren können, sei zwar sehr gering. Aber das Paar hat schon erlebt, wie schwer es fällt, Abschied zu nehmen. "Ganz zu Beginn vor neun Jahren haben wir ein zweijähriges Mädchen in Kurzzeitpflege genommen, das dann wieder nach Hause kam, als seine Mutter eine Therapie beendet hatte," erinnert sich Michael Frellstedt. "Wir haben Rotz und Wasser geheult."

Daraufhin entschied sich das Paar, einem Kind auf Dauer ein Zuhause zu bieten. Ein zwei Jahre altes Mädchen zog bei ihnen ein. Seit acht Jahren ist die Kleine ein fester Teil der Familie. "Wir haben sie als Kindergartenkind erlebt. Jetzt geht sie in die Grundschule", sagt die Mutter. "Wir gehen fest davon aus, dass wir sie großziehen werden." Auch in den Jahren danach haben sie immer wieder Kinder in der Kurzzeitpflege bei sich aufgenommen. "Wir haben genug Platz und sind wirtschaftlich abgesichert", erklärt sie einige Voraussetzungen, die Familien mitbringen müssen.

Im Oktober 2008 zogen dann noch zwei Schwestern bei den Frellstedts ein. "Wir wollten eigentlich nur noch ein Pflegekind, aber als wir die beiden Mädchen zusammen gesehen hatten, konnten wir nicht anders", sagt der Polizist. Schwierig sei oft die Beziehung zu den leiblichen Eltern. "Es ist manchmal eine große Herausforderung, mit den Eltern professionell umzugehen", so Ines Frellstedt. "Was wunderbar funktioniert, ist die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt."

60 Familien mit 95 Pflegekindern gibt es im gesamten Altkreis Wernigerode. Viele sind im Pflege- und Adoptivelternverein Mitglied und bilden sich dort gemeinsam fort. Es werden aber weit mehr Pflegeeltern gebraucht. Wer Interesse hat, ein Kind bei sich aufzunehmen, kann sich an Jutta Cepelak unter Telefon (03941)59702161 oder an Ingrid Köhler unter (03941)59702166 im Jugendamt wenden.